Seit 79 Jahren ist das Bürgermeisteramt in roten Händen. Der Sozi-Filz in Linz wird sich auch durch einen möglichen Nachfolger Dietmar Prammer, einem Luger-Intimus, nicht auflösen. Für einen echten, in Linz dringend nötigen Neustart braucht es so schnell wie möglich auch neue Gemeinderatswahlen. LINZA CR Wilhelm Holzleitner mit dem Kommentar der Woche.
Die Linzer SPÖ krallte sich bis zuletzt krampfhaft an etwas, das nicht mehr zu halten und völlig aus der Zeit gefallen ist. Außer Wien gibt es keine zweite Stadt, die so von roter Machtpolitik, Bonzentum, Korruption und Freunderlwirtschaft durchtränkt ist wie Linz. Man braucht etwa nur in die stadteigenen oder stadtnahen Unternehmen blicken. Dort wird kaum ein Job vom höheren Abteilungsleiter aufwärts an Bewerber vergeben, die nicht zuvor in Diensten irgendeiner Partei (oder ihr nahe)standen. Jeder weiß es, jeder macht mit. Ohne Parteibuch ist man in Linz – überspitzt gesagt – höchstens als Sachbearbeiter geeignet – und selbst da schadet es nicht, ein politisches „Gerücherl“ mitzubringen.
„Was bleibt von der Ära Luger? Vor allem eines: Je länger er im Amt war, desto kecker setzte er seine Agenda um.“
Was hat Luger geritten, so ein dreistes Verhalten an den Tag zu legen? Er muss ja gewusst haben, dass er damit nicht durchkommt. Dietmar Kerschbaum feuern und dann hoffen, dass dieser nix ausplaudert über Lugers kreative Art der Personalfindung: Das ist bestenfalls dumm. Irgendwie erinnert das an einen Ladendieb, der mit einem Apfel anfängt und am Ende „bargeldlos“ mit dem ganzen Einkaufswagen rausfährt, weil er zuvor nie ertappt wurde. Möglicherweise hat Kerschbaum zum Abgang nicht das bekommen, was er wollte, danach sein „Schweigegelübde“ gebrochen und als Retourkutsche Luger im Fahrstuhl abwärts mitgenommen…
Was bleibt von der Ära Luger? Vor allem eines: Je länger er im Amt war, desto kecker setzte er seine Agenda um. Das Donauparkstadion etwa baute er (allerdings mit Geld, das nicht ihm gehört) quasi im Alleingang und stellte es seinem Herzensklub FC Blau-Weiß Linz fast kostenlos nur Verfügung. Auch ich finde das – als Blau-Weiß-Fan und Vereins-Mitbegründer der ersten Stunde 1997 – super. Als Journalist, Linzer Bürger und Steuerzahler sehe ich das differenzierter: 41 Millionen Euro (plus 3 vom Land OÖ) schüttelte Luger dafür aus dem Ärmel (allerdings nicht aus seinem eigenen), während für sozial weit wichtigere Projekte wie das Hallenbad in Ebelsberg kein Geld da war – auch die vier Millionen Euro zum Umbau und zur effektiven Begrünung des Jahrmarktgeländes zur Donauinsel waren aus SPÖ-Sicht „unfinanzierbar“.
Bereits seine Anfangszeit als Bürgermeister war von einer fragwürdigen Aktion begleitet: Bei seiner Hochzeitsfeier im Mai 2015 in der voestalpine Stahlwelt wünschte Luger sich von der honorigen Gästeschar allen Ernstes Bargeld zum Kauf seines Traumhauses in Kroatien. Jeder andere hochbezahlte Würdenträger (der Linzer Bürgermeister casht um die 17.000 Euro 14mal im Jahr) hätte vermutlich eine Spendendliste für ein soziales Hilfsprojekt aufgelegt mit dem Hinweis, auf persönliche Geschenke zu verzichten. Der Vorwurf, Spender – darunter auch viele Linzer Geschäftsleute und Wirtschaftstreibende – hätten sich durch ein besonders dickes Geldkuvert bevorzugte Behandlung bei Aufträgen der Stadt Linz erwarten können, schwebte im Raum. Fingerspitzengefühl geht tatsächlich anders.
Umstrittene Umwidmungen im Grünland wie nördlich der JKU peitscht er ohne Widerspruch (und mit Wohlwollen der ÖVP) durch – mutmaßlich, um Bau- und Investorenprojekte von Unternehmern, denen Luger möglicherweise persönlich nahestehen soll, zu ermöglichen. Und in der LIVA verfuhr Aufsichtsratschef Luger so, als würde sie ihm persönlich gehören. Das geht alles – nicht im dunkelsten Afrika, sondern in der (Un)Kulturhauptstadt Linz. Man darf gespannt sein, was in den kommenden Jahren noch alles ans Licht kommt von jenem Mann, der ja nur „das Beste für Linz“ wollte.
„Eigentlich ist eine Bürgermeister-Neuwahl viel zu kurz gegriffen. Für einen echten Restart braucht Linz auch eine Gemeinderatswahl.“
Klaus Luger holte 2015 und 2021 zwar jeweils über 30 Prozent der Stimmen für die SPÖ, dennoch brachten die beiden Wahlen die zwei schlechtesten Ergebnisse für die Stadt-SPÖ seit 1945 (Lugers Vorgänger Dobusch sahnte in seinem letzten Antreten 2009 noch 41 Prozent ab). Egal, wer Lugers tatsächlicher Nachfolger als Linzer Parteichef sein wird: Die Latte an Wählerstimmen wird wohl nochmals um einige Prozente nach unten gelegt werden müssen.
Eigentlich ist eine Bürgermeister-Neuwahl viel zu kurz gegriffen. Für einen echten Restart braucht Linz auch eine Gemeinderatswahl. Warum? Theoretisch könnte nun auch Clemens Brandstetter vom WANDEL diese Bürgermeister-Direktwahl gewinnen. Mit nicht mal zwei Prozent der Wählerstimmen und einem Mandat bei der Gemeinderatswahl wäre er realpolitisch aber völlig handlungsunfähig.
Auch ein Martin Hajart (ÖVP) wäre als neuer Bürgermeister mit nur 11 von 61 Mandaten ein „Kaiser ohne Reich“. Zeigt: Ein neuer Bürgermeister alleine ändert am rotdurchtränkten System in Linz wenig bis nichts. Aber klar, dass die SPÖ bei Neuwahlen des Gemeinderats nicht mitspielen wird. Der rote Linzer Führungskreis hat ja schon eindrucksvoll gezeigt, dass es ihm nur um drei Dinge geht: Machterhalt, Machterhalt und Machterhalt. Eine Gemeinderats-Neuwahl wäre da völlig fehl am (Roten) Platz.