„Der Wolf ist kein Tier mit Seltenheitswert“, sagt Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger. Sie will eine Neubewertung des Schutzstatus des auch bei uns immer wieder auftauchenden Tieres – und öffnet damit einer Jagd auf den geschützten Wolf Tür und Tor.
Vor der Verdrängung durch den Menschen aus weiten Gebieten seines Lebensraumes war der Wolf mit Ausnahme der Polarregion auf der gesamten Nordhalbkugel der Erde, einschließlich der Arabischen Halbinsel zu finden. Mit der Ausbreitung des Menschen wurde er aus großen Teilen seines ursprünglichen Verbreitungsgebietes verdrängt. Auch in Österreich war der Wolf bis ins 19. Jahrhundert flächendeckend heimisch, ehe er ausgerottet wurde. Seine Fähigkeit, über 1.000 Kilometer weit von seiner Quellpopulation weg zu wandern und der strenge Artenschutz machten es möglich, dass der Wolf wieder in seine ursprünglichen Verbreitungsgebiete zurückkehrte.
Rückkehr nach Österreich
Zwischen 2009 und 2015 sind in Österreich bis zu sieben Wölfe pro Jahr nachgewiesen worden. Das erste Rudel bildete sich 2016 in Allentsteig/Niederösterreich. Mehr als 30 Fälle von Wolfssichtungen oder -rissen wurden laut Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger im heurigen Jahr in Oberösterreich gezählt: „Selten ist der Wolf in Oberösterreich damit nicht mehr“ sagt sie.
Landesrätin Langer-Weninger schreibt in einer Aussendung, in Europa gäbe es bereits „schätzungsweise mehr als 30.000 Tiere“. Langer-Weninger unterstützt daher eine Neubewertung des Schutzstatus. Die europäische Expertengruppe für große Beutegreifer (LCIE) schätzt den Wolfsbestand in Europa jedoch nur auf ca. 17.000 Tiere.
„Von null auf etwa 40 Wölfe. In einem kleinen Land wie Österreich ist das ein beachtlicher Zuwachs, der gerade in den OÖ Almgebieten aber auch den waldreichen Gebieten des Mühl- und Waldviertels Probleme verursacht“, so Landesrätin Michaela Langer-Weninger: „Wölfe sind keine Kuscheltiere, sondern Raubtiere und brauchen ein entsprechendes Revier mit ausreichend Beutetieren. Wenn diese fehlen suchen sie die Nähe zu Höfen, Almen und damit die Nähe des Menschen.“
Zwei tödliche Vorfälle in Nordamerika in 18 Jahren, kein einziger in Europa
Tatsache ist: Der Wolf ist für den Menschen nicht gefährlich. Im gesamten Europa und Nordamerika – in denen die Lebensumstände von Menschen als auch Wölfen vergleichbar sind, gab es im Beobachtungszeitraum 2002 bis 2018 insgesamt 14 von Wölfen angegriffene Menschen, von denen zwei Fälle (beide in Nordamerika) tödlich waren. In Europa gab es keinen einzigen Todesfall.
Und dennoch: Im EU-Parlament in Straßburg wurde nun die Prüfung des Wolfschutzstatus fixiert. Langer-Weninger: „Ich hoffe dieser Vorstoß mündet in einer raschen Novelle der FFH-Richtlinie – zum Schutz unserer Alm- und Weidewirtschaft und damit auch unserer kleinstrukturierten Landwirtschaft mit ihren vielen Familienbetrieben, die jetzt und nicht erst in einigen Jahren Lösungen brauchen.“
Anders sieht das der WWF: Wölfe seien ein wichtiger Teil der Natur, die nach einer Ausrottung vor 150 Jahren aktuell wieder Fuß in Österreich fasse. „Um ein konfliktfreies Zusammenleben mit Wölfen zu ermöglichen, führt kein Weg am besseren Schutz von Nutztierherden vorbei. Behirtung und Schutzhunde sind Lösungen, die in anderen Ländern bereits gut erprobt sind“, sagte WWF-Artenschutzexperte Arno Aschauer in einem Interview mit dem Kurier.
Titelfoto: Land OÖ/Tina Gerstmair, Mas3CF/CC BY-SA 4.0