Das erste Jahr nach der Wahl ist geschafft. Höchste Zeit für einen Rundumblick, wie sich die Spitzen der Linzer Stadtpolitik bislang so geschlagen haben.
Bürgermeister Luger / SPÖ
Der große Wahlsieger vom September 2021 (34,4%) setzt seinen Weg fort. Nach außen hin jovial und freundlich, fährt die SPÖ mit ihren Entscheidungen im Gemeinderat einen beinharten Kurs – inklusive Liebesentzug für alle, die nicht mitziehen. Luger gelang es mit seiner (durchaus erfolgreichen) Politik, Linz weiter als eine der roten Hochburgen in Österreich zu positionieren. Wirkliche Schwächen hat er auch im ersten Jahr der neuen Legislaturperiode nicht gezeigt. Mit Dietmar Prammer und Tina Blöchl hat er – taktisch klug – zeitgerecht zwei mögliche Nachfolger in Position gebracht.
„Nach außen hin jovial und freundlich, fährt die SPÖ mit ihren Entscheidungen im Gemeinderat einen beinharten Kurs – inklusive Liebesentzug für alle, die nicht mitziehen.“
Vzbgm. Martin Hajart / ÖVP
Spät aber doch wechselte die Linzer ÖVP ihre Nr. 1, seit März 2022 ist Martin Hajart Vizebürgermeister der Stadt Linz. Und er bewies durchaus, dass er es ernst meint, suchte aktiv das Gespräch mit Bürgerinitiativen und scheute dabei auch keinen Konflikt. Will er 2027 an der SPÖ-Mehrheit kratzen, muss er aber nicht nur beständig liefern (zB. Verkehrsberuhigung der Innenstadt, Radverkehr, Umgestaltung der Hauptstraße, Verkehrslösung im Linzer Süden…), sondern auch griffiger gegen die SPÖ auftreten. Zusammenarbeit ja, aber bei zu viel Konsens bleibt man als Juniorpartner auf der Strecke – siehe FPÖ, die sich in den letzten Jahren mit der SPÖ fast zu Tode kooperierte. Der Große frisst den Kleinen.
Vzbgm. Tina Blöchl / SPÖ
Sympathische Newcomerin in der Linzer Stadtpolitik, konnte aber außer in diversen Aktivitäten im LGBT-Bereich (bunte Bänke, Regenbogenzebrastreifen) medial bislang kaum punkten. Ob sie tatsächlich den Zug zum Tor hat und Luger als Bürgermeisterin nachfolgt, scheint ungewiss: Auffallend ist, dass die gemeinsamen Auftritte mit Luger weniger wurden. Tina Blöchl (38) wäre als relativ junge Frau ein starkes Signal für eine „neue“ SPÖ und für die nächste Generation.
„Tina Blöchl (38) wäre als relativ junge Frau ein starkes Signal für eine „neue“ SPÖ und für die nächste Generation.“
Vzbgm. Karin Hörzing / SPÖ
Seit 2013 sitzt Karin Hörzing in der Linzer Stadtregierung, seit 2017 ist sie auch Vizebürgermeisterin. Große Akzente konnte die unauffällige, sympathische 59-Jährige auch in der neuen Legislaturperiode (noch) nicht setzen, sie war und ist aber auch keine Freundin der lauten Worte. Der Vorwurf „Quotenfrau“ greift aber zu kurz: Hörzing hätte durchaus das Zeug zu mehr – wenn man sie ließe.
StR Dietmar Prammer / SPÖ
Matt war die bisherige Performance des neuen Stadtrats für Stadtentwicklung. Der Jurist ist in seinem Bereich ein absoluter Quereinsteiger, er war in seiner Laufbahn bislang durchgehend nur im politischen Bereich tätig (u.a. als stv. Büroleiter von Landesrätin Gerstorfer) und wirkte zuletzt jahrelang als „Chefredakteur“ des SPÖ-Jubelpostwurfs „Alles Linz“. Stadtplanerisch werden auch künftig kaum große Würfe zu erwarten sein, dazu fehlt einfach das Handwerkszeug. In Sachen Bürgermeister-Nachfolge entwickelt der 48-Jährige aber beachtlichen Ehrgeiz: „Prammer hängt bei jedem öffentlichen Auftritt an der Kittelfalte vom Bürgermeister, er kleidet sich mittlerweile sogar immer wie er“, so ein Partei-Insider zu Prammers Ambitionen.
„Prammer hängt bei jedem öffentlichen Auftritt an der Kittelfalte vom Bürgermeister, er kleidet sich mittlerweile sogar immer wie er“
StR Doris Lang-Mayerhofer / ÖVP
Arbeitet solide ihre Kultur- und Tourismusagenden ab, setzte auch gekonnt Ausrufezeichen (zB. mit dem neuen STREAM Festival). Spannend wird sein, welchen Nachfolger sie für den erfolgreichen Tourismusdirektor Georg Steiner 2023 aus dem Hut zaubert.
StR Eva Schobesberger / Grüne
Positiv: Kümmert sich glaubhaft und engagiert um das Stadtgrün, will etwas bewegen. Auch bei den vielen, bislang wenig beachteten Grüninseln konnte sie Akzente setzen. Negativ: Feiert Placebo-Maßnahmen wie die Kistenbäume am Hauptplatz oder die sündteure Baumpflanzaktion in der Domgasse als Erfolge in Sachen Klimarettung, während das sieben Fußballfelder große, versiegelte Jahrmarktgelände als größte urbane Hitzeinsel Europas von ihr völlig unbeachtet bleibt.
„Eva Schobesberger feiert Placebo-Maßnahmen wie die Kistenbäume am Hauptplatz oder die sündteure Baumpflanzaktion in der Domgasse als Erfolge in Sachen Klimarettung“
StR Michael Raml / FPÖ
Ruhig ging es die Linzer FPÖ nach der 2021er-Wahlschlappe an. Bis 2027 ist zwar noch Zeit, aber allzu lange sollte man nicht mehr zubringen mit dem Wunden lecken. Vor allem die eingefleischten FPÖ-Wähler erwarten sich nach den vielen Jahren des „Kuschelns“ mit der SPÖ endlich wieder einen griffigen Oppositionskurs. Das täte auch dem Gemeinderat gut, denn die tatsächlichen Oppositionsparteien sind zu klein, um gehört zu werden. Aber ob der (manchmal fast schon zu vornehme) Raml echte FPÖ-Opposition und mehr Kickl will? Das Zeug dazu hätte er. Attackeeee!
Die Oppositionsparteien:
NEOS Linz: Die Nummer 1, Georg Redlhammer schwächelt, war bislang kaum spürbar. Handzahm, trägt fast alle SPÖ-Anträge mit.
MFG: Bis dato erst ein einziger Antrag, mittlerweile sind beide Mandate keinen Mitglieder der MFG mehr, sonder „wilde“ Abgeordnete.
LINZplus: Anfangs monatelang auf unerklärlicher Dauer-Tauchstation. Mittlerweile wird wieder geliefert (zB. mit einer aufsehenerrgendeenn Aktion für Obdachlosen Dixie-Klos).
KPÖ Linz: Sehr engagiert, der neue Verkehrssprecher Michael Schmida hat jede Menge frischen Wind (nicht nur) in seinen Bereich gebracht.
WANDEL: Im Wahlkampf laut gebrüllt, seitdem so gut wie kein Output. Fällt nach wie vor dadurch auf, ganz Linz mit „Wandel“-Aufklebern zuzupflastern (alleine auf der Neuen Eisenbahnbrücke haben wir neulich fast 200 Stück gezählt). Wozu?