Es ist verrückt: Knapp 16.000 junge Menschen interessierten sich heuer für ein Medizinstudium, aber nur für 1.850 gab es einen Studienplatz, gleichzeitig fehlen Mediziner an allen Ecken und Enden. Wer nach Linz zieht und einen Hausarzt sucht oder selbigen wechseln will, hat oft schlechte Karten, bei Fachärzten wartet man oft monatelang auf einen Termin. Der Linzer Gesundheitsstadtrat Michel Raml fordert nun, die 310 Studienplätze an der Med Uni Linz aufzustocken, um den totalen Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern.
„Ich wollte meinen Hausarzt wechseln, weil ich mit der Behandlung und dem Service dort nicht mehr zufrieden war. Es ist in Linz aber schlichtweg unmöglich, einen neuen Hausarzt finden. Bei fünf Versuchen wurde ich abgewiesen, überall hieß es Aufnahmestopp“, sagt uns Leserin Maria B. in einem Gespräch. Viele Linzer mussten selbst bereits die Erfahrung machen, dass sie auf einen Termin beim Facharzt mit monatelangen Wartezeiten rechnen müssen.
„Es ist in Linz schlichtweg unmöglich, einen neuen Hausarzt finden.“
Dem Schreiber dieser Zeilen erging es ebenso – nach akuten Schmerzen in der Hüfte (eingeklemmter Nerv), die ein normales Gehen praktisch unmöglich machten, bekam er einen Termin in neun Wochen (!) angeboten. Der Ausweg war dann ein Wahlarzt, der zwar zusätzliche Kosten von 240 Euro verursachte, aber einen Termin bereits am nächsten Tag anbot.
„Das ist eine untragbare Situation. Der Medizinstandort Linz versorgt nicht nur die 210.000 Linzer, sondern ist für das ganze Bundesland relevant“, sagt der Linzer Gesundheitsstadtrat Michael Raml. Aktuell berichtet der Betriebsratsvorsitzende des Kepler Universitätsklinikums, dass von den 1.800 Betten aufgrund von Personalengpässen schon lange nicht mehr alle belegt werden können, so Raml.
Standort | Humanmedizin | Zahnmedizin | |
MedUni Wien | 680 | 80 | 760 |
MedUni Innsbruck | 370 | 40 | 410 |
MedUni Graz | 346 | 24 | 370 |
JKU Linz | 310 | – | 310 |
Gesamt | 1706 | 144 | 1.850 |
Raml fordert von der Bundesregierung nun die sofortige Aufstockung der Medizinstudienplätze: „Es ist schon fünf nach zwölf, wir brauchen dringend mehr Ärzte, die uns so bald als möglich zur Verfügung stehen. Jedes Zuwarten verschlimmert die Situation weiter, denn alleine das Studium dauert sechs Jahre.“
„In Linz sind den 310 Studienplätzen rund 1.900 Bewerber entgegengestanden.“
Fast schon „traditionell“ gibt es um ein Vielfaches mehr Bewerber als Medizin-Studienplätze: Österreichweit stehen derzeit 1.850 Studienplätze für Erstsemestrige zur Verfügung. Heuer haben sich fast neunmal so viele – 15.788 Studienanwärter – für den Aufnahmetest an den Med-Unis Wien, Graz, Innsbruck und Linz angemeldet, 11.643 haben an den gemeinsamen Aufnahmeverfahren teilgenommen. In Linz standen den 310 Studienplätzen rund 1.900 Bewerber gegenüber, von denen etwa 1.000 zur Aufnahmeprüfung antraten. „Interessenten gäbe es also mehr als genug“, so Raml.
Insgesamt stehen die Chancen auf einen Studienplatz heuer etwas besser als in den vergangenen Jahren, weil es mehr Studienplätze gibt: 70 in Linz, 20 in Wien und je zehn in Graz und Innsbruck. Das ist aber nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, eine weitere Aufstockung ist wohl dringend nötig.
Die Kosten für einen Studienplatz – 2017 waren es zwischen 55.000 und 63.000 Euro pro Jahr – würden sich volkswirtschaftlich betrachtet mit Sicherheit rechnen, so Raml: „Nichts zu tun und den Kopf in den Sand zu stecken ist teurer und vor allem menschlich untragbar.“