Heute feiert „der letzte echte Sozialist Oberösterreichs“, Josef Ackerl, seinen 75. Geburtstag. 2014 legte Ackerl sein Amt als SPOÖ-Vorsitzender zurück. Ruhiger oder gar handzahm ist der nach wie vor streitbare Polit-Pensionist aber nicht geworden. Facebook-Postings wie “Tussi” (Kathrin Nachbaur) oder “Sandküberlhirn” (VP-Vizebürgermeister Bernhard Baier) sorgten sogar parteiintern für Zoff. Unser Interview zum 70er hat zwar schon paar Jahre am Buckel, ist aber dennoch aktueller denn je:
Wie geht’s Ihnen im politischen Ruhestand?
Es ist jetzt eine andere Lebensqualität, auch wenn ich meinen Job immer sehr gerne gemacht habe. Ich bin froh, dass ich weg bin – und das, so glaube ich, auch zum richtigen Zeitpunkt.
War da damals gar kein Pensionsschock?
Absolut nicht. Das Wegfallen von Muss-Terminen und Verpflichtungen war zwar ungewohnt, ging aber innerhalb kürzester Zeit. Die ersten paar Tage waren natürlich schon etwas komisch, wenn du auf einmal nicht um sechs in der Früh aufstehen musst und kurze Zeit später schon den ersten Termin von vielen hast. Ich habe zudem sehr rasch einige ehrenamtliche Aufgaben übernommen und bin zusätzlich in der Stiftung der SPÖ Vorstandsvorsitzender, da gibt es genug zu tun.
Speziell auf Facebook sorgen Sie stets für Diskussionsstoff.
Wenn ich heute auf Facebook aktiv bin, halte ich mich, was die SPÖ betrifft, aus der politischen Diskussion heraus. Meine Nachfolger sind sehr gut unterwegs und brauchen keine Tipps von außen.
Sie fielen zuletzt öfters durch markige, kantige Sätze auf. Stichwort „Stronach-Tussi Nachbaur“ oder “Sandküberlhirn Baier“. Sie gefallen sich ganz offensichtlich nach wie vor als öffentlicher Provokateur.
Wie Sie sicher wissen, hatte ich immer schon einen direkteren Sprechstil als andere. Ich habe nie lange herumgeredet, sondern bin immer gleich auf den Punkt gekommen. Wenn man etwas deutlicher und prägnanter sagt, findet man auch mehr Anklang und Verständnis – und genau darauf lege ich es an.
Sie wirken nach wie vor sehr streitbar und agil. Gibt es unerledigte Dinge, die Sie noch gerne abgearbeitet hätten?
Dazu möchte ich nur einen ganz bekannten Satz von Bruno Kreisky zitieren: “Der Sinn des Lebens liegt im Unvollendeten.” Ich habe das Amt von meinem Vorgänger mit nicht abgeschlossenen Projekten übernommen und auch ich habe einiges an meine Nachfolger weitergegeben, das ebenfalls noch vollendet werden muss.
Beim Namen Josef Ackerl fällt oft der Satz “das ist einer von der alten Garde”. Sind die echten Sozialisten eine aussterbende Spezies?
Es gibt auch heute noch viele junge “echte” Sozialisten. Man darf aber eines nicht vergessen: Die Biographie, die wir hatten, ist eine ganz andere. Wir haben noch die Folgen und Schäden des zweiten Weltkrieges mitbekommen. Und auch die damit verbundenen politischen Verwerfungen. Wir waren die Kinder der Aufbaugeneration und haben alleine schon deshalb einen ganz anderen Zugang.
War der junge Josef Ackerl frecher und ungehorsamer als die heutigen Jung-Sozis?
Bei uns war es damals so, dass die ältere Generation weit mehr Widerstand geleistet hat. Viel Freude hatten die oft nicht mit uns. Heute ist das anders. Es wird versucht, die nächste Generation mehr einzubinden. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir damals irgendjemand gehabt hätten, der uns Junge gefördert hätte. Es musste alles erkämpft werden, aber das schadet ja nicht.
Arbeitslosigkeit ist DAS große Thema. Die aktuelle Politik beißt sich daran die Zähne aus. Welche Ideen hätte ein Josef Ackerl dazu?
Konkrete Vorschläge sind sehr schwer, weil alles mit den fehlenden öffentlichen Investitionen zusammenhängt. Und solange die Sturheit besteht, weiter keine Vermögenssteuern einzuheben, fehlen genau jene finanziellen Mittel, um diese Investitionen zu tätigen. Das würde auch das Wirtschaftsklima positiv beeinflussen. Ich glaube, wir haben daher eher ein klimatisches als ein reales Nachfrageproblem. Diese Unsicherheit überträgt sich auch auf die Bevölkerung, die aus Angst vor einem Arbeitsplatzverlust eher spart als Geld ausgibt.
Bitte um eine Bestandsaufnahme der aktuellen politischen Situation in Oberösterreich: Gut so, wie es derzeit läuft?
Das Problem ist, dass die FPÖ und Kräfte, die nicht das allgemeine gesellschaftliche Wohl im Auge haben, mit ihren einfachen Zugängen zu viel Zuspruch haben. Das verstehe ich nicht, vor allem wenn ich daran denke, was die zwischen 2000 und 2006 alles gestohlen und verbrochen haben und was dort für Gangster tätig waren. Auch in der ÖVP haben einige geglaubt, sie sitzen im Selbstbedienungsladen.
Absolute Mehrheiten gibt es nicht, das Parteienspektrum wird immer bunter. SPÖ und ÖVP gehen im Bund Richtung 20 Prozent. Gut oder schlecht?
Ich glaube, es ist ein großes Problem, dass es keine klaren Mehrheiten mehr gibt. Wenn eine Partei mit einer Idee daherkommt, bleiben am Ende oft wenig über, weil man ständig Kompromisse machen muss. Der Kompromiss ist mittlerweile das maßgebliche Element in der Demokratie.
Und wie geht’s Josef Ackerl mit der Islam-Diskussion?
Auch ich gehöre zu denen, die sehr verunsichert sind. Ich habe kein klares Bild, glaube aber, dass das Hauptproblem der Anspruch der Religionen auf die reine Wahrheit ist. Das aber steht keiner Religion zu – auch nicht dem Islam. Weder der Islam noch eine andere Glaubensrichtung darf gesellschaftspolitische Verhaltensregeln aufstellen. Und schon gar nicht akzeptiere ich den Islam als politische Gruppierung.