Das Flüchtlingsproblem hält auch die Stadt Linz in Atem – und es wird wohl auch das bestimmende Wahlkampfthema sein. Knapp vier Wochen vor der Wahl plauderten wir mit Bürgermeister Klaus Luger über die aktuelle Situation in Linz.
Herr Bürgermeister, im November feiern Sie aller Voraussicht nach ihr zweites Jubiläum als Linzer Bürgermeister. Kam alles so, wie Sie es erwartet hatten?
Es war bisher eine sehr fordernde und spannende Zeit mit großen Themen. Wie etwa die Finanz-Einigung mit dem Land, die Festlegung der zweiten Schienenachse, das Hafencity-Projekt oder die Budgetkonsolidierung. Es ist in diesen Jahren sehr viel passiert in unserer Stadt. Überrascht hat mich dabei sehr wenig, ich wusste schon, was mich in diesem Job erwarten würde. Was aber wirklich alles überlagert hat, war das Flüchtlingsthema. Das hat uns in der Dimension alle überrumpelt.
Noch knappe vier Wochen bis zur Wahl. Zufrieden, wie der Wahlkampf bisher läuft?
Was die Stadt selbst betrifft, wurde bisher über die Zukunfts-Themen zu wenig diskutiert, das Thema Eisenbahnbrücke vielleicht ausgenommen. Mein Ziel ist, in den verbleibenden Wochen über die Zukunft zu sprechen und dass wir unser diesbezügliches Angebot präsentieren.
Sie gelten als jemand, der den Konsens sucht. Wie weit trifft Sie heftige Kritik wie in der „Taferl-Affäre“ oder die Sache mit ihrer Hochzeit als Mensch?
Es hat in den letzten Jahren einige Ereignisse gegeben, die mich persönlich sehr getroffen haben. Ich bin kein Stahlblock, an dem alles abprallt. Aber es geht in erster Linie nicht um mich. Was ich auf keinen Fall will, ist, dass meine Familie mit hineingezogen wird.
Dennoch blieb der bisherige Wahlkampf bisher relativ frei von Schmutzkübelstorys. Glauben sie, dass das so bleiben wird?
Naja, ich habe die anonymen Anzeigen im Rahmen meiner Hochzeit schon als Schmutzkübelkampagne empfunden, hoffe aber gleichzeitig, dass es damit getan ist. Die Menschen interessiert in einer Situation wie der jetzigen – mit acht Prozent Arbeitslosigkeit, einer besorgniserregenden internationalen Entwicklung oder die Finanzistuation – vielmehr, wie es in der Zukunft weitergeht.
Die einen schimpfen und hetzen nur noch, manche andere fordern eine bedingungslose Öffnung der Grenzen: Irgendwie scheint sich alles immer weiter aufzuschaukeln. Ist in dieser aufgeheizten Stimmung überhaupt noch eine vernünftige Lösung der Flüchtlingsfrage möglich?
Leider ist die Situation genauso, wie Sie sie schildern. Wenn etwa von den Linzer Grünen gefordert wird, die Schlepper zu entkriminalisieren, dann ist das komplett falsch. Genauso wie die Forderung, die Grenzen so wie vor 30 Jahren wieder dicht zu machen. Österreich alleine wird das Problem nicht in den Griff bekommen. Eine ordentliche Aufteilung in der EU muss endlich her – aber auch in Österreich und Oberösterreich. Auch der Idee eines befristeten Asylverhältnisses kann ich etwas abgewinnen. Europa ist einfach überfordert, in Zukunft vielleicht Millionen an Flüchtlingen aufzunehmen.
Im September müssen die in den Linzer Schulen eingezogenen Flüchtlinge wieder umgesiedelt werden. Ist die Stadt darauf vorbereitet?
Die beiden betroffenen Schulen am Römerberg und in der Diesterwegschule werden mit Beginn des Schuljahres geräumt sein. Die 160 Menschen dort werden dann in andere Unterkünfte in Linz und anderen Gemeinden untergebracht, das ist bereits geregelt.
Wenn der Zustrom an Flüchtlingen weiter so anhält, werden irgendwann auch in Linz die Plätze knapp werden. Können Sie eine Öffnung der Kaserne auch für die Zeit nach der Wahl ausschließen?
Das schließe ich nach wie vor aus. Ich kann den Bund nur davor warnen, einen Alleingang zu machen und die Kaserne Ebelsberg zu öffnen. Dann würde die jetzt noch vorhandene Hilfsbereitschaft der Linzer Bevölkerung schwerst beschädigt. Verteidigungsminister Klug hat mir persönlich versichert, dass er die Kaserne Ebelsberg dafür nicht zur Verfügung stellen wird. Ich will in Linz kein zweites Traiskirchen. Sollte Ebelsberg geöffnet werden, gibt es nach oben keine Grenzen und womöglich eine ähnliche Überbelegung wie in Niederösterreich – mit all den Problemen.
Ihr Lösungsansatz lautet kleine, überschaubare Einheiten.
Ich lehne nach wie vor große Einheiten wie in Traiskirchen kategorisch ab. Ein Massenlager schafft nur Probleme – nicht nur bei der Bevölkerung, sondern auch bei den Flüchtlingen. Wir sind bisher damit gut gefahren, dass wir kleine, überschaubare und über die ganze Stadt verteilte Unterkünfte geschaffen haben – und das soll auch so bleiben. Wir hatten bereits während des Bosnienkrieges in der Lunzerstraße eine Großunterkunft, das Ergebnis kennt jeder.
Sie werden mit großer Wahrscheinlichkeit die starke Nummer 1 in Linz bleiben. Haben Sie darüber hinaus ein prozentuelles Wahlziel?
Ich habe keine Prozentzahl als Wahlziel, sondern möchte möglichst stark aus der Wahl hervorgehen.
Gibt es beim Wahlergebnis nach unten eine Schmerzgrenze?
Nein, eine persönliche oder politische Schmerzgrenze habe ich nicht. Da es bei der Bürgermeisterwahl heuer sieben Kandidaten gibt, gehe ich hier aber von einem zweiten Wahlgang aus.