Die Affäre rund um Bürgermeister Klaus Lügner – Verzeihung – Luger, ist beispiellos in der Linzer Stadtpolitik. Monatelang hat Luger die Öffentlichkeit bewusst angelogen – obwohl er eigentlich wissen musste, dass die Sache auffliegt. Mehr Rücktrittsgrund als diese Geschichte geht gar nicht. Und dennoch wird Luger seinen Platz wohl nicht (ganz) räumen, sondern zumindest bis September 2025 durchhalten, denn erst ab dann – zwei Jahre vor der Wahl – darf nicht das Wahlvolk, sondern die SPÖ selbst bestimmen, wer Luger nachfolgt. Sein Lebenswerk ist so oder so stark angekratzt, denn die Frage bleibt: Wo hat der Bürgermeister noch gelogen, bei welcher Personalentscheidung hat er noch mitgeholfen, um, wie er sagt, „das Beste für Linz“ zu ermöglichen? Solche Personalfindungserklärungen gab’s zuletzt von Kaiser Franz Josef in der Monarchie – und das ist schon ein paar Jährchen her. Macht Luger wirklich ein ganzes Jahr lang weiter, wird es eine fordernde Zeit für ihn. Will er seine Amtszeit wirklich so würdelos auslaufen lassen? Ein Kommentar von LINZA CR Wilhelm Holzleitner.
Jeder Lehrer, Professor oder Prüfungsvorsitzende, der einem vielleicht ganz besonders sympathischen oder „geeigneten“ Prüfling die Fragen eines Tests, einer Schularbeit oder eines Hearings vorab und exklusiv zukommen lässt, würde bestenfalls auf unbestimmte Zeit beurlaubt, er würde um seine (Früh)Pensionierung ansuchen oder sich in den Krankenstand verabschieden.
Und der Linzer Bürgermeister Klaus Luger? Ihm tut es immerhin „leid“, dass er die Öffentlichkeit – man muss fast schon sagen voller Inbrunst – monatelang bewusst angelogen hat. „Immerhin leid“? Ja, denn: Eine Rücktrittskultur gibt es in Österreichs Politik ohnehin schon lange nicht mehr. Ein ums andere Mal wird darauf gesetzt, dass in unserer schnelllebigen Zeit Gras über die jeweilige Sache wächst. Aber so hohes Gras, um die Brucknerhaus-Causa überwuchern zu lassen, wurde zumindest in unseren Breiten trotz Klimawandel bis dato noch nicht bestimmt.
„Nach echter Reue klang Lugers Video-Geständnis nicht – sondern eher nach einem Hendldieb, den man mit zwei Hühnern unter dem Arm mitten im Stall ertappte.“
Unabhängig von Lugers politischen Leistungen (die jeder für sich bewerten möge): Mehr Grund für einen unumgänglichen Rücktritt gibt es nicht, dennoch wird Klaus Luger den Teufel tun und im Amt bleiben, so verrückt das auch für jeden Außenstehenden klingen mag (bei unserer aktuellen LINZA-Umfrage sehen 88% den Rücktritt des Bürgermeisters als einzig richtige Konsequenz).
Ganz abgesehen davon: Nach echter Reue klang sein Video-Geständnis sowieso nicht – sondern eher nach einem Hendldieb, den man mit zwei Hühnern unter dem Arm mitten im Stall ertappte. Selbst ZIB2-Anchorman Armin Wolf twitterte „Es würde mich einigermaßen überraschen, wenn der Linzer Bürgermeister das politisch überstehen kann.“
Und nicht zuletzt ist die Causa Luger für die ohnehin schwächelnde Bundes-SPÖ ein Mühlstein um den Hals. Spitzenkandidat Babler redet ständig von sauberer Politik, wettert gegen Korruption und Chancengleichheit für jeden. Das passt hinten und vorne nicht mit Lugers „Personalfindungsmaßnahmen“ zusammen und wird wohl bis zum 29. September immer wieder auf den Tisch kommen.
Einmal mehr rächt sich, dass Luger bis heute offensichtlich keine tatsächlichen Gedanken an eine/n Nachfolger/in verschwendete, sondern die Sache einfach schleifen ließ. Luger wollte (und will offensichtlich immer noch) sein Amt und die damit verbundenen Möglichkeiten bis zum Schluss voll auskosten und das Licht für sich alleine haben. Aus seinem Umfeld war zu hören, dass er die Frage nach seiner Nachfolge einmal mit „Mochts eich des selba aus, in bin in zwo Joah sowieso in da Pension!“ kommentierte.
„Tritt Luger jetzt zurück und kommt es zu einer Bürgermeister-Neuwahl, wackelt für die SPÖ die neben Wien letzte städtische Hochburg in Österreich.“
Kommt’s hart auf hart, müsste jetzt einer der in der Öffentlichkeit bislang kaum wahrgenommenen SP-Stadträte Prammer, Hörzing oder Blöchl als Bürgermeisterkandidat einspringen. Dietmar Prammer will unbedingt (ob er geeignet ist, daran scheiden sich allerdings selbst in der SPÖ manche Geister), Karin Hörzing (wechselt wohl eher bald in den mehr als verdienten Ruhestand) und Tina Blöchl (die das fachlich wohl am besten könnte und die meisten Sympathiepunkte im Rucksack hätte), die bislang allerdings zu wenig Ellbogeneinsatz für einen Platz an der Sonne zeigte.
Heißt im Klartext: Tritt Luger jetzt zurück und kommt es zu einer Bürgermeister-Neuwahl, wackelt für die SPÖ die neben Wien letzte städtische Hochburg in Österreich. Seit 1945 regiert die SPÖ in Linz. Fällt die oö. Landeshauptstadt, wäre das für die Roten ein kaum zu stemmender Verlust. Dringend nötig wäre ein politischer Richtungswechsel für Linz nach 79 Jahren allemal. Aber Luger gilt als „Betonierer“ und wird alles tun, um in irgendeiner Form zu bleiben – nach dem in Österreichs Politik liebgewonnenen Motto „Augen zu und durch“…