Standortwahl ein politischer Kuhhandel?
Die neue Digital-Universität ist vornehmlich ein Bundes- und Landesprojekt. Umso verwunderlicher ist der fehlende Widerspruch bzw. Standortprozess seitens der Stadt: „Warum lässt Linz so mit sich und seinen Ressourcen umgehen – oder gab es im Hintergrund wieder einmal einen Tauschhandel, bei dem dafür das Land bei einem anderen Projekt der Stadt mitzieht? Es wäre nicht das erste Mal, dass in Linz städtische- und Bürgerinteressen politisch verkauft werden.“Ein Blick aus der Luft zeigt klar, wie dieses Grundstück wie ein Keil in den Grünraum ragt. Raumplanerisch und städtebaulich ist es kaum nachvollziehbar, warum weit über der Siedlungsgrenze gebaut werden soll.
„Die komplette Passivität seitens der Stadtplanung ist absolut nicht erklärbar.“
Lorenz Potocnik
Sogar der kürzlich fertiggestellte Science Park geht in seiner Typologie und Architektur auf diese Siedlungskante ein. Dahinter steigt das Areal an: „Man muss das Gelände also massiv abgraben und mit Stufen, Kanten und terrassenförmigen Flächen arbeiten, die Erdbewegungen und Eingriffe wären gewaltig. Auch eine Verbindung zum bestehenden Campus der Kepler Uni kann man kaum herstellen, dazu ist die Entfernung viel zu groß. Ein gemeinsames Ganzes, wie es aufgrund der örtlichen Nachbarschaft wohl geplant ist, würde hier nicht entstehen. Durch die enorme Ausdehnung des gesamten Geländes (1,3 km) rückt auch die fußläufige Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel (850 m) in weitere Ferne: „Zur Straßenbahn-Endstadion wird das zum „Wandertag, inklusive 30 Höhenmeter“, so Potocnik. „Das ist so, wie wenn sie zu Fuß in den 10. Stock gehen. Täglich.“
Chance zur Entwicklung eines neuen Viertels
Noch ist es nicht zu spät, den bestmöglichen Standort zu finden, allerdings müsste sich Linz ein Herz fassen und Selbstbewusstsein zeigen: „Die Passivität seitens der Stadtplanung und -spitze ist nicht erklärbar. Statt die neue Digital Universität als Chance zur Entwicklung eines neuen Viertel zu sehen, sitzt man wie hypnotisiert da und wartet. So wie bei Dynatrace im Hafenviertel wird dann wahrscheinlich im Nachhinein das angekündigte „Konzept“ geliefert.“
Uni ins Zentrum
Linz PLUS bringt andere Standorte ins Spiel: Eine zentrale Lage würde etwa verkehrstechnisch weit mehr Vorteile bieten. Das zeigt auch ein Vergleich zwischen der Linzer Kunstuniversität am Hauptplatz und der Linzer Medizin-Uni mit dem JKU-Campus: „Auf der einen Seite keine Parkplätze und auch keine eigene Tiefgarage. Auf der anderen Seite ein neues Parkhaus und insgesamt 20.000 m2 mit Autos verstellte Freiflächen. Letzteres Szenario wird auch bei der neuen Digital Universität wegen ihrer Randlage nicht ausbleiben.“ Dass Universitäten Innenstädte ganz besonders beleben können, zeigen etwa Innsbruck oder Wien vor. Dabei wird nicht zuletzt die Bildungseinrichtung auch für Studierende viel attraktiver, wenn sie nicht irgendwo an der Peripherie, sondern dort steht, wo sich das Leben abspielt.
Offene Standortdiskussion
Bevor es zu spät ist, sollte ASAP eine ehrliche, offene und progressive Standortdiskussion eingeleitet werden. Ziel: „Nicht dort, wo es am einfachsten, billigsten und friktionsfreiesten ist oder billige Grundstücke zu kaufen sind, sondern am besten und am ressourcenschonendsten soll der Grundstein für die Digital Universität gelegt werden.“ Als mögliche Standorte nennt Lorenz Potocnik die PostCity oder Flächen im Makartviertel wie das Neubaugebiet zwischen Wiener Straße und Hauptbahnhof: „Es braucht keine räumliche Nähe zur Johannes Kepler Universität. Dieses Argument halte ich gerade für eine Digital-Universität und Neugründung für fast schon absurd. Viel wichtiger ist ein leistungsfähiger ÖV-Knoten, ich meine eine Anbindung an die Bahn, nicht die Autobahn.“