Zügig voran schreitet der umstrittene Bau des neuen Parkhauses bei der Johannes Kepler Universität. 550 Autos werden hier ab Mai 2024 Platz finden. Umstritten ist die Hochgarage deshalb, weil dadurch noch mehr Studenten verleitet werden, mit dem Auto zur Uni zu fahren – und auch darum, weil der Hochbau mitten in einen ausgewiesenen Frischluftkorridor, der die Stadt von Norden her kühlt und belüftet, gebaut wird. Gleichzeitig betonen die Uni-Verantwortlichen, bis 2030 die Klimaneutralität erreichen zu wollen. Die Hochgarage ist nicht der einzige Holperstein am Weg zu dieser Klimaneutralität…
Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, braucht es laut JKU eine Reihe von Maßnahmen, die in Zusammenarbeit mit dem JKU Energieinstitut in einer Roadmap gebündelt wurden. In diesem Rahmen hat sich die JKU bereits 2021 als erste Universität freiwillig dem Klimabündnis verpflichtet, legt auf Biodiversität und Artenvielfalt am JKU Campus sowie auf Energieeffizienz bei Neubau- und Sanierungsprojekten großen Wert oder organisiert verschiedene Events (WeFair-Day, Bauernmarkt) zum Thema Nachhaltigkeit und Regionalität. In der JKU Mensa gibt es zudem ausschließlich Bio-Fleisch.
„Die JKU möchte in ihrer Rolle als vordenkende Zukunftswerkstatt der Gesellschaft mit ihrer vielfältigen wissenschaftlichen Expertise in Anbetracht der globalen Klimakrise und der Gefährdung lebenswichtiger Ressourcen ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten. Klimaneutralität im eigenen Wirkungsbereich anzustreben und umzusetzen ist das Gebot der Stunde“, sagt Maria Buchmayr von der JKU Stabstelle für Nachhaltigkeit – und ehemalige Vorsitzende der Grünen OÖ.
Auf der anderen Seite wurden und werden auf und um das JKU-Gelände diverse (Bau-)Maßnahmen gesetzt, die alles andere als klimafreundlich oder umweltschonend sind:
- So wurde etwa bei der Gestaltung des Außenbereichs der neu errichteten Kepler Hall mit viel Schotter und Beton statt Grünflächen wenig Fingerspitzengefühl bewiesen.
- Statt der Reduktion der Parkplätze werden diese teilweise in ein Parkhaus verlegt, das derzeit wiederum auf ehemaligen Grünflächen gebaut wird. Die dadurch freiwerdende Parkfläche wird aber nicht entsiegelt und begrünt, sondern ebenfalls versiegelt und zugebaut.
- Viele Fragezeichen hinterließ auch die Neugestaltung des Innenhofes von Schloss Auhof am Campusgelände: Aus einem grünen Park wurde eine triste Sandwüste. Teile des Hofes sollen für „Bespielung und Bestuhlung des Zirkus des Wissens“ genutzt werden. Wozu aber wurde dann eigentlich in unmittelbarer Nähe die Kepler Hall gebaut, die genau für solche Veranstaltungen gedacht ist?
- Der Uni-Teich, Heimat vieler Fische, Amphibien, Insekten und Wasservögel, wurde erst durch einen Gastronomiebetrieb („Teichwerk“) in seiner freien Wasserfläche beschnitten und danach noch zum Spielplatz für Kanusportler, die sich seit zwei Jahren mit Ballspielaktitiväten (Kanupolo) auf dem gerade mal einen Meter tiefen Biotop austoben dürfen. Auf die Flora und Fauna nimmt keiner Rücksicht.
- Der Autobahn-Halbanschluss Auhof, der derzeit nordöstlich des Campus gebaut wird, dient vor allem der Kepler Universität – und wäre auch ohne Uni nie errichtet worden. Flächenbedarf: gut 5 Hektar Grünland.
- Zu guter Letzt entsteht in den nächsten Jahren nordöstlich der Kepler Uni die neue Digital Universität, dazu werden weitere ca. sieben Hektar Grünfläche versiegelt und bebaut. Gab es dafür wirklich keinen anderen Standort, der weniger Grünflächenvernichtung gebracht hätte?
Ein starker Kritiker der Standortentscheidung ist der renommierte Architekt und Stadtplaner Andreas Kleboth, der auch externes Mitglied der Städtebaulichen Kommission ist. Die unmittelbare Nähe zum jetzigen JKU Campus würde diverse Synergien bei der Nutzung der Räumlichkeiten und der ‘Human Ressourcen’ eröffnen, aber: “Man stärkt den Standort am Stadtrand hinsichtlich Frequenz. Allerdings glaube ich nicht, dass das dazu beitragen wird, dass dieser Universitätsstandort ein ‘echter’ Campus wird, dazu ist das Areal zu langgezogen. Zudem liegt der jetzt angedachte Standort zu weit weg vom jetzigen Zentrum des JKU Campus.” Die bestehende Standortplanung sei zudem eine Fortführung der modernistischen Campus-Idee der 1960-er Jahre, die Universität am Stadtrand zu etablieren.
“In vielerlei Hinsicht sind Universitätsgründungen am Stadtrand gescheitert und führten zu leblosen Arealen mit wenig Atmosphäre und zahlreichen Verkehrsproblemen.”Andreas Kleboth
Ein zentraler Standort würde nicht nur verkehrstechnisch weit mehr Vorteile bieten, so Kleboth: “Ein derartiger Standort ist für die meisten Studierenden und Beschäftigen zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln schnell erreichbar, die Erschließung mit dem Auto sollte nur die Ausnahme darstellen.” Das zeige ein Vergleich der Linzer Kunstuniversität am Hauptplatz und der Linzer Medizin-Uni mit dem JKU Campus: „Auf der einen Seite null Parkplätze im Freien und auch keine eigene Tiefgarage. Auf der anderen Seite der JKU-Campus, bei dem Frage der Autostellplätze den wesentlichen Kern aller baulichen Entwicklungen darstellt.“
Salzburg und Wien als Vorbild
Beispiele für die Integration von Universitäten im Stadtzentrum gibt es viele: So war die Idee der Salzburger ‘Altstadt-Universität’, bestehende Häuser in der Altstadt zu nutzen, die Studierenden beleben seither den öffentlichen Raum bis hin zu einer höheren Frequenz in der Gastronomie und im Handel. In Wien wurden die Universität für angewandte Kunst, die Akademie der Wissenschaften, die Boku im Zentrum gehalten, anstelle diese auf die grüne Wiese neu zu bauen. Auch die WU im Prater ist ein gutes Vorbild.
Schub für die Stadtentwicklung durch neue Universität
Ein innerstädtischer Uni-Universität treibt mit einer Frequenz von mehreren tausend Menschen pro Tag auch aktiv die Stadtentwicklung an. Kleboth: “Würde die neue Universität etwa in der Petzoldstraße in der Nähe der ‘Digitalen Meile’ und der Tabakfabrik situiert – etwa im jetzigen Bauhof des Landes OÖ – dann wird dieser Standort gestärkt: Alle dort angedachten Investitionen und Interventionen (Stadtbahn, Verbindung Stadt/Hafen, zusätzlicher öffentlicher Verkehr, Geh- und Radwegverbindungen, Vernetzung zur Donau ….) würden von Beginn an stärker genutzt, der Stadtraum belebter.”
Kommentar
Es wird auch noch im Jahr 2023 gebaut und versiegelt und rund um die Kepler Universität. Der Weg zur „Klimaneutralität 2030“ wird im wahrsten Sinn des Wortes zubetoniert. Bleibt zu hoffen, dass sich die Kepler Uni nicht in die (lange) Reihe von Institutionen und Unternehmen einreiht, die mit „Greenwashing“-Maßnahmen vorgeben, Klimaneutralität herzustellen. Das bauwütige Linz mit seinen vielen Angriffen auf den Grüngürtel bei gleichzeitigem Anspruch auf den Titel „Klimahauptstadt“ ist hier ein unrühmliches Beispiel von vielen. Und eben erst musste die Fluglinie Austrian zurückrudern, weil sich das Prädikat „Klimaneutralität“ in Bezug auf ihre kerosin-inensiven Flüge als haltlos herausstellte. Da braucht es nicht auch noch von der Kepler Uni – die eigentlich Vorreiter statt Hinterher-Hechler sein sollte, schöne Worte, sondern echte Taten.
Bilder: LINZA, JKU