Wels mausert sich, die achtgrößte Stadt Österreichs vor den Toren der Landeshauptstadt hat einen atemberaubenden Prozess samt Neuausrichtung hinter sich gebracht – wie etwa den Wandel der Innenstadt zu einer der erfolgreichsten Einkaufsmeilen des Landes. „Was Linz von Wels lernen kann“ lautete daher kürzlich der Titel einer Pressekonferenz des blauen Stadtrats Michael Raml und des Welser Bürgermeisters Andreas Rabl. Wir haben nachgefragt, wie die Achse Linz-Wels funktioniert.
Stadtrat Michael Raml – was kann Wels aus Ihrer Sicht besser als Linz?
RAML: Wels ist das Musterbeispiel, wie freiheitliche Politik wirkt. In Wels kostet etwa das Parken nur 50 Cent pro Stunde und damit nur ein Viertel von Linz, während bei uns die Parkgebühren vor ein paar Jahren verdoppelt wurden.
Wie gefällt Ihnen denn so viel Lob aus Linz, Herr Bürgermeister Rabl?
RABL: Sie glauben gar nicht, wieviel Lob ich vertragen kann (lacht). Aber Spaß beiseite: Wels hat einen durchaus schmerzlichen Prozess hinter sich, unsere Innenstadt hatte 2014 noch einen Leerstand von über zehn Prozent und den Turnaround geschafft. Mittlerweile haben wir so gut wie keinen Leerstand mehr und sind hinter der Kärntnerstraße und der Mariahilferstraße in Wien die Nummer 3 in Österreich.
Wels hat in den letzten Jahren tatsächlich einen enormen Schub erfahren, was seine Popularität und seinen Auftritt betrifft. Wie schwer war es, diesen Prozess anzustoßen?
RABL: Es gab einen großen Konsens, weil es jedem schon weh getan hat, wie die Welser Innenstadt ausgesehen hat und wie viele Geschäfte leer standen. Nicht nur der Handel und die Gastronomie haben an einem Strang gezogen, sondern wirklich alle Beteiligten.
Gab es auch Bremser, Verweigerer oder Nein-Sager?
RABL: Es gibt immer ein paar Skeptiker, allen kann man es nie recht machen. Aber die überwältigende Mehrheit stand hinter diesem Verbesserungsprozess, darum wurde er auch erfolgreich umgesetzt.
Nur im Fußball hinkt die achtgrößte Stadt Österreichs Linz noch etwas hinterher. Aber auch hier tut sich einiges, wenn auch „erst“ in der Regionalliga. Wann kehrt der Profifußball zurück in Ihre Stadt?RABL: Er ist bereits zurück in Wels. Wir sind in der Regionalliga vorne mit dabei. Nach dem Zusammenschluss der beiden Vereine ziehen auch hier alle an einem Strang, gemeinsam kämpft es sich besser. Wir sind Favorit für den Aufstieg und werden es auch schaffen.
Und was kann Linz neben Kicken aus Ihrer Sicht sonst noch besser als Wels?
RABL: Linz hat ein reichhaltiges Kulturprogramm, die Universität und eine Industrie, die sich jede Stadt wegen der damit verbundenen Einnahmen nur wünschen kann. In Linz geht viel weiter.
Wenn man an die großen Kulturbauten, den öffentlichen Verkehr oder die beiden neuen Stadien denkt: Wird Linz zu sehr bevorzugt?
RABL: Als Landeshauptstadt hat man klarerweise einen gewissen Anspruch auf Investitionen. Allerdings: Alle reden ständig von der Regionalisierung, aber wenn‘s ans konkrete Umsetzen geht, bremst man. Hier ist schon noch einiges an Luft nach oben.
Gibt es eine über das normale Maß hinausgehende, spezielle „blaue Achse“ Linz-Wels?
RAML: Im Bereich der Sicherheit etwa arbeite ich sehr intensiv mit dem Welser Sicherheitsreferenten Gerhard Kroiß zusammen. Auch im Bereich des Campierverbots am Pichlingersee haben wir uns untereinander ausgetauscht, weil Wels mit den Sinti und Roma dasselbe Problem am Messegelände hatte.
Der Zentralraum Linz-Wels wächst immer weiter zusammen, fährt man auf der B1, geht das urbane Gebiet fast schon ineinander über. Sollte man nicht grundsätzlich über mehr gemeinsame Projekte und mehr Zusammenarbeit nachdenken – abseits der politischen und geografischen Grenzen?
RABL: Ich bin überzeugt, dass die Städte irgendwann ganz zusammenwachsen und wir ein großer gemeinsamer Wirtschaftsraum werden. Dann muss auch das politische Handeln stärker aufeinander abgestimmt werden. Es gibt aber bereits jetzt einen regen Austausch mit dem Linzer Bürgermeister Luger. Städteübergreifende Projekte gibt es schon – und das wird sich sicher auch noch verstärken.
Letzte Frage: Herr Rabl, bitte komplettieren Sie den Satz: An Linz gefällt mir…
RABL: …das universitäre Leben und das Brucknerhaus.
Und Sie, Herr Raml: An Wels mag ich besonders…
RAML:… das große Engagement, die historische Bausubstanz zu erhalten.