Er steht seit knapp eineinhalb Jahren an der Spitze der Linzer ÖVP, feierte kürzlich seinen 40. Geburtstag und tritt im Herbst 2015 erstmals zur Wahl des Linzer Bürgermeisters an: Bernhard Baier. Im Talk mit landeshauptblatt.at blickt der gebürtige Bad Ischler auf diese erste Zeit zurück, spricht aber auch über seine Ziele für das heurige Jahr.
Bernhard Baier, seit Oktober 2013 besetzen Sie das Amt des Vizebürgermeisters von Linz. Ihr Rückblick?
Man kann es natürlich nie im Vorhinein abschätzen, was alles auf einen zukommt. Ich bin aber sehr gerne in dieser Funktion. Und die Arbeit macht mir große Freude, weil man die Stadt auch zu einem gewissen Grad mitgestalten kann.
Und wie oft sehr werden Sie auf der Straße erkannt: Hat sich Ihre Bekanntheit in diesen ersten eineinhalb Jahren gesteigert?
Es hat auf jeden Fall deutlich zugenommen, dass ich spontan angesprochen und erkannt werde. Und das freut mich auch sehr!
Es heißt immer, dass die Grundstimmung in der heimischen Bevölkerung derzeit eher negativ ist. Teilen Sie diesen Eindruck – bezogen auf Linz?
Es gibt eine gewisse Zurückhaltung in der Linzer Bevölkerung. Und es gibt eine sehr kritische Grundhaltung speziell gegenüber der Politik. Es ist in den nächsten Monaten viel an Vertrauensaufbau notwendig. Ich sehe das aber auch als Chance, durch geradlinige Politik Boden gut zu machen.
Sehen Sie bei sich persönlich noch Schwächen oder Aufholbedarf – in welchen Bereichen auch immer?
Stillstand bedeutet bekanntlich Rückschritt, darum ist man immer gefordert, Bewegung und Fortschritt in allen Bereichen zum „Pflichtfach“ zu machen. Das gilt natürlich auch für mich. Mit dem ersten Jahr bin ich ganz zufrieden, der Elchtest folgt aber bekanntlich erst im September 2015. (Wahlen, Anm.)
Der erste Platz bei der Gemeinderatswahl im Herbst 2015 ist wohl utopisch. Mit welchen Wahlergebnis könnten Sie denn gut leben?
Für Prognosen ist es noch zu früh. Ich habe mir vorgenommen, mich bis Sommer voll auf die Arbeit zu konzentrieren und mich erst danach mit den Wahlen zu beschäftigen. Daher denke ich auch noch nicht an irgendein Wahlziel. Natürlich mache ich mir bereits jetzt so meine Gedanken, bitte aber um Verständnis, dass ich konkrete Ziele jetzt noch nicht nach außen tragen will.
Eines der Mega-Wahlkampfthemen wird der Schuldenstand der Stadt Linz sein. Bereitet Ihnen dieses Thema auch Kopfzerbrechen?
Es gab zwar einen Wechsel bei den handelnden Personen, die Probleme sind aber geblieben. Und das sind eben in erster Linie die Finanzen, aber auch der Verkehr. In Sachen Stadtentwicklung gibt es ebenfalls Stillstand und jede Menge Aufholbedarf. Die Zeit der punktuellen Maßnahmen und Marketing-Gags ist vorbei. Es braucht jetzt substanzielle Veränderungen – und das so bald wie möglich.
Was wäre die erste Maßnahme, die ein Bürgermeister Bernhard Baier treffen würde?
Erster Akt: Kassasturz, um die tatsächliche Lage wirklich abschätzen zu können. Aktuell fehlen dafür die handfesten Informationen. Zweiter Akt: Auffinden der großen Treiber auf der Ausgabenseite. Dritter Akt: Festlegen gemeinsamer Ziele – etwa keine neue Schulden mehr.
Als Treffpunkt für unser Interview haben Sie den Donaupark ausgewählt: Warum genau dieser Ort?
Ich komme aus einer Region, in der es sehr viel Wasser gibt (Anm.: Baier ist im Salzkammergut geboren), Wasser zieht mich magisch an, das ist mir bis heute geblieben. Die Donau strahlt für mich zudem eine angenehme Ruhe aus, dazu die Natur… und trotzdem sind wir mitten in der Stadt.
Apropos Donau: Das Projekt Donaustrand ist jetzt endlich auf Schiene. Erleichtert?
Die Möglichkeit, den Stadtraum an der Donau zu attraktivieren, ist mir ein Herzensanliegen. Mit dem Projekt wollte ich zeigen, was alles möglich wäre, daher habe ich diesen Vorschlag mit dem Brucknerhaus gebracht. Und ich bin wirklich sehr froh, dass es schlussendlich gemeinsam gelungen ist, diese Idee zu verwirklichen.
Beim Thema Donaupark fällt einem gleich das hässliche Gegenüber auf: In Sachen Neugestaltung des Jahrmarktgeländes herrscht seit Jahren Stillstand. Warum?
An der ÖVP ist es nie gelegen, denn blockiert haben ganz andere. Nachdem wir jetzt den Schritt auf der Linzer Seite gesetzt haben, ist es naheliegend, jetzt das Urfahraner Jahrmarktgelände anzugehen. Es gäbe auch sicher Teillösungen, auch der Jahrmarkt muss nicht umziehen. Dieser wunderschöne Platz an der Donau muss aber auch als Naherholungsgebiet nutzbar sein – und nicht nur als ganzjähriger unansehnlicher Parkplatz. Es wird von uns auch heuer noch diesbezügliche Initiativen geben.
Auch der riesige Grünbereich des Parkbades ist acht Monate im Jahr ungenutzt und darf nicht betreten werden. Kann man die Flächen abseits der Badesaison nicht einfach für die Allgemeinheit öffnen?
Das ist genau unser Thema. Wir sind dran, dass dieser Bereich der Allgemeinheit zugänglich gemacht wird.
Thema Eisenbahnbrücke: Sie halten die Diskussion weiter am Köcheln, obwohl Bürgermeister Klaus Luger Fakten geschaffen hat – oder besser gesagt schaffen will.
Die Chancen, die Brücke zu erhalten, sind voll intakt. Es ist technisch möglich, wirtschaftlich sinnvoll und die Bevölkerung ist mehrheitlich dafür, dass die Eisenbahnbrücke bleibt. Wir werden der direkten Demokratie zum Durchbruch verhelfen. Mit der Bürgerbefragung wird es gelingen, die „Eiserne Lady“ zu retten.
Welche Aktionen werden in Sachen Eisenbahnbrücke als nächstes gesetzt?
Unser Einspruch beim Landesverwaltungsgerichtshof läuft derzeit. Da bin ich guter Dinge, dass unserer Rechtsauffassung noch vor dem Sommer Folge geleistet wird. Dann sammeln wir die Unterschriften für eine Volksbefragung. Und dann sollen uns der Herr Bürgermeister und die Grünen erklären, warum sie eine Volksbefragung nicht zulassen wollen und die direkte Demokratie weiter mit Füßen treten.
Aber das Modell der neuen Brücke sieht ja doch recht hübsch aus.
Es geht nicht um entweder/oder. Wir haben hier ein Technikjuwel, das sich architektonisch wunderbar in den Donauraum einfügt. Zudem brauchen wir die Eisenbahnbrücke dringend als Donauübergang. Nach den Plänen Lugers hätten wir fünf Jahre lang ein Stauchaos – und das kann niemand ernstlich wollen.
Die Abriss-Befürworter sagen, das Thema Eisenbahnbrücke eigne sich nicht für eine Volksbefragung.
Das Volk zu befragen kann nie falsch sein. Die Politik ist ein Abbild der Gesellschaft und keine Sache von einigen wenigen Auserwählten, die im Elfenbeinturm sitzen. Grundsätzlich ist jedes Thema für eine Volksbefragung geeignet – ausgenommen vielleicht Finanzen oder Personalentscheidungen.
Also sollen Volksbefragungen in Linz zukünftig praktisch zur Tagesordnung gehören?
Absolut! Für andere ist es nur eine leere Phrase, ich bin aber durch und durch ein echter Verfechter der direkten Demokratie. Wir haben im Gemeinderat ja auch einen gemeinsamen Antrag an den Landtag beschlossen, die direkte Demokratie zu stärken. Umso unverständlicher, dass die SPÖ und die Grünen jetzt auf einmal eine 180-Grad-Wende vollziehen, nur weil es um ein Thema geht, das ihnen nicht passt.
Wo – außer im Rathaus und Donaupark – sind Sie in Linz noch gerne unterwegs?
Überall dort, wo sich Stadt und Natur vereinen: am Schlossberg oder im Wasserwald etwa. Aber auch Plätze mit Aus- und Weitsicht haben es mir angetan, wie zum Beispiel der Pöstlingberg.
Und auf welche Flecken der Stadt schaut man besser nicht so genau hin?
Da fällt mir sofort das vorhin erwähnte Jahrmarktgelände ein, das in 50 Wochen des Jahres wirklich abstoßend wirkt. Grundsätzlich sollte man aber überall hinschauen – es kommt aber immer darauf an, was man dann aus den gewonnenen Einblicken macht.
Es gibt in Linz vieles, das verbesserungswürdig ist. Gibt es auch Dinge, die Linz besser kann als andere Städte?
Die Linzer sind fleißiger als andere und die Stadt hat sich aufgrund dieser Leistungen auch sehr gut entwickelt. Eine gewisse Unzufriedenheit hat sich nur durch Fehler in der Politik in den letzten Jahren ergeben. Linz geriet durch seine Schuldenpolitik leider österreichweit in die negativen Schlagzeilen. Als Tourismus-, Kultur- und Einkaufsstadt sind wir aber top, das zeigen auch die immer wieder erhobenen Werte.
Interview: wilson holz