Im Auftrag des Gemeinderates der Stadt Linz überprüfte eine sechsköpfige Experten-Kommission drei Jahre lang die Linzer Straßennamen auf mögliche historische Belastungen. Herausgekommen ist eine 1.849 Seiten dicke Dokumentation mit insgesamt 64 “problematisierten” Personen. Der Kosten-/Nutzenaufwand dieser etwas ausgeuferten Aktion ist durchaus diskussionswürdig.
Im Juli 2019 beschloss der Linzer Gemeinderat einstimmig, die Linzer Straßennamen zu überprüfen. Der Auftrag: Es sollten alle möglichen „Belastungen“ in Bezug auf Nationalsozialismus, Antisemitismus, Rassismus, autoritäres Gedankengut oder andere Gründe dokumentiert werden. Drei Jahre lang waren sechs Experten mit dieser Aufarbeitung beschäftigt.
64 „Problematisierte Personen“
„Der Bericht zeugt von der umfassenden und genauen Arbeit der Kommission in den letzten drei Jahren“, heißt es nun zum Abschluss fast schon euphorisch seitens der Stadt Linz. Insgesamt sei zu 184 Männern und Frauen recherchiert worden, 64 davon wurden von der Kommission aus unterschiedlichen Gründen „problematisiert“.
Welche Folgen der Bericht haben wird, liegt nun beim Stadtsenat. Im Raum stehen Straßen-Umbennungen mit den entsprechenden Folgen. Hunderte, ja vielleicht tausende private Dokumente müssen umgeschrieben und neu ausgestellt werden, unzählige Straßenschilder und Firmenadressen geändert – das geht hin bis zu Visitenkarten, Handyverträgen, Versicherungsurkunden und Testamenten.
Man mag sich gar nicht vorstellen was das kostet – an Geld, Zeit, Ärger und Aufwand – ganz zu schweigen vom enormen Aufwand der dreijährigen Arbeit der sechs Spezialisten – äh, Experten, die das über 1.800 Seiten dicke Abschlusswerk präsentierten. Unter dem Strich reden wir da wohl von einem mittleren sechsstelligen Betrag inklusive aller Folgekosten, aufgrund der langen Dauer und der möglichen Folgekosten wohl von noch mehr.
Porscheweg soll weg
Und wozu? Mindestens 99 Prozent aller Menschen kann zum Beispiel nichts mit dem Namen Hans Pfitzner – ein 1949 verstorbener Komponist – anfangen. Die nach ihm benannte, 300 Meter lange Pfitznerstraße soll den Ergebnissen der Kommission zufolge umbenannt werden.
Auch der nach dem genialen Autokonstrukteur Ferdinand Porsche (gest. 1954) benannte Porscheweg im Linzer Süden dürfte Opfer der völlig ausgeuferten Erinnerungsverdrängungskultur werden. „Seinem“ Weg wurden im Abschlussbericht alleine 25 Seiten und wohl hunderte Arbeitsstunden gewidmet.
1.849 Seiten und in die Tausende gehende Arbeitsstunden – und wozu dieser völlig ausgeuferte Aufwand – gerade in einer Zeit, in der Linz mit ganz anderen Problemen zu kämpfen hat? Macht man sich die Mühe und blättert das endenwollend unterhaltsame Werk durch, entsteht teilweise der Eindruck, man hat fast schon krampfhaft versucht, um verdrängungswürdige Anknüpfungspunkte zu finden, sonst hätte man nicht so viel Verve und Intensität in dieses links-grüne Herzensprojekt geworden. Alles Alte, Unbequeme und Unangenehme zu verräumen, zu verstecken oder abzureißen – dafür hat sich Linz schon seit Jahrzehnten einen Namen gemacht.
Sinnvoller, ehrlicher und mit großer Sicherheit lehrreicher wären Hinweistafeln und Erklärungen des jeweiligen Kontexts gewesen, als sich einmal mehr vor der eigenen gewachsenen Geschichte mit all ihren Höhe, Tiefen und Persönlichkeiten (auch wenn diese eine dunkle Vergangenheit haben) zu drücken.
Man muss es mittlerweile mit der Angst zu tun bekommen: Wo soll das Ganze hinführen? Bücher und alte Filme werden verboten, der Begriff Indianer ist mittlerweile ganz arger Rassismus. Als Scheich im Fasching? Rassismus-Alarm!
Und auch in Linz besteht noch viel Handlungsbedarf: Die Nibelungenbrücke müsste eigentlich schon längst namentlich hinweggefegt werden. Die Nationalsozialisten stilisierten die Helden des Nibelungenliedes bekanntlich zu deutschen Heroen, die urdeutsche Tugenden verkörperten und somit perfekt in ihre Ideologie einer arischen Herrenrasse passten. Der Begriff „Nibelungenbrücke“ ist damit eigentlich auch untragbar. Straßennamen-Kommission bitte übernehmen!