Hochhäuser zählen wegen ihrer Technik und der großflächigen Fassaden zu den absoluten Stromfressern. Es ginge aber auch umgekehrt: Obere Etagen in Hochhäusern ließen sich ähnlich wie Speicherkraftwerke als Energiespeicher nutzen. Weltweit könnten dadurch bis zu 300 Gigawattstunden Strom gespeichert werden. In der Schweiz gibt es bereits ein erstes Pilotprojekt, das Strom für bis zu 2.000 Haushalte liefern kann.
Wissenschaftler des österreichischen IIASA-Instituts in Laxenburg haben einen auf Schwerkraft basierenden Ansatz zur Energiespeicherung entwickelt. Konkret funktioniert das System ähnlich wie ein Speicherkraftwerk: Zu Zeiten mit wenig Auslastung und Stromüberschuss werden schwere Gewichte mittels Fahrstuhl in ein Lager in den oberen Etagen des Hochhauses gebracht – etwa standardisierte, mit Sand gefüllte Behälter – oder Betonblöcke (auch recyceltes Material ist als Gewicht möglich). Die beförderten Tonnagen werden in Lager-Ebenen automatisch geparkt. Wird zu Spitzenzeiten Strom benötigt, lässt man diese Gewichte im Fahrstuhl in den Keller fahren. Dabei wird durch das Bremssystem Strom zurückgewonnen.
System ab 50 Metern Höhenunterschied sinnvoll
Je größer das Gewicht und der Höhenunterschied, desto mehr Energie kann auf so gespeichert werden. Ein Gebäude mit 5.000 Gewichtscontainern und nur 50 Meter Höhendifferenz hat eine Energiespeicherkapazität von rund 545 Kilowattstunden – das entspricht einem täglichen Stromverbrauch von etwa 50 Vierpersonenhaushalten. In Linz gibt es aktuell bereits 14 Hochhäuser mit mehr als 50 Metern Höhenunterschied. Weltweit wäre theoretisch damit sogar bis zu 300 Gigawattstunden Strom möglich … das entspricht 214 mittelgroßen Kernkraftwerken.
Das Problem: Die Hochhäuser müssten dazu entsprechend umgerüstet werden – es braucht die entsprechenden Lagerflächen (leeren Etagen) und auch die Technik dazu (automatisierte Be- und Entladung). Der Vorteil: Statt umweltzerstörender Speicherkraftwerke (deren Errichtung ebenfalls sehr kostenintensiv ist) könnte dies Möglichkeit zur Stromgewinnung naturschonend vonstatten gehen. Pumpspeicherkraftwerke können zudem nur in gebirgigen Lagen errichtet werden, weil diese eine entsprechende Fallhöhe benötigen. Auch lange Stromleitungen entfallen, da direkt bei den Verbrauchern gespeichert und Strom produziert wird.
Ein derartiges System gibt es bereits: Im schweizerischen Castone wurde heuer ein Prototyp für einen sogenannten „Blockspeicher“ gebaut, der an das Stromnetz angeschlossen und als Speichereinheit für erneuerbare Energiequellen dient. Ähnlich wie ein Pumpspeicherkraftwerk wird nicht Wasser, sondern 35 Tonnen schwere Betonblöcke Blöcke auf einen Speicherturm gehoben. Wird Energie benötigt, senkt man die Blöcke ab, dabei wird ein Generator betrieben, der die potentielle Energie in Strom zurückverwandelt. Der Prototyp kann bis zu 35 MWh Strom speichern, was dem Verbrauch von ca. 2.000 Haushalten für etwa acht Stunden entspricht.
Der verbrauchte Strom wird bei diesem System zu 80-85 Prozent ans Netz zurückgegeben. Beim Pumpspeicherkraftwerk sind es 75 Prozent, eine klassische Lithium-Ionen-Batterie wie im Tesla gibt 89 Prozent der gespeicherten Energie zurück. Bedenkt man allerdings die Umweltbelastung und die kurze Lebensdauer von Akkus, zeigt sich ein anderes Bild.