In Linz werden zwei Schiffsanlegestellen vom Römerberg-Tunnel zum SVU Urfahr Platz und damit direkt zum Wohngebiet Ferihumerstraße verlegt – inklusive aller Nebengeräusche. Jetzt stellte sich Planungsstadtrat Dieter Prammer den Anrainern, die sich vor vollendete Tatsache gestellt fühlen. „Wir haben einen Nachholbedarf, was die Bürgerinformation betrifft“, gibt Prammer zu. Noch offen ist zudem die Frage, wie die Versorgung der Schiffe via LKW sowie die Müllentsorgung geschehen soll – und vor allem, wann die neuen Anlegestellen mit Landstrom versorgt werden. Die Anrainer fürchten rund um die Uhr laufende Schiffsmotoren und ein Müllchaos.
Auf 150 Metern Uferlänge entsteht am östlichen Ende des Jahrmarktgeländes eine Anlegestelle für Kreuzfahrtschiffe. Die Bewohner der Ferihumerstraße wurden aber einmal mehr nicht informiert, was da direkt vor ihrer Haustüre an der Donau passiert. Noch dazu wird diese aktuell auf einer der engsten Stelle des gesamten Uferbereichs gebaut: Nur sieben Meter Breite stehen zwischen dem Sportplatz des SV Urfahr und dem Donauufer zur Verfügung. Neben dem Treppel(Geh-)weg befindet sich hier auch der vielbefahrene Donauradweg – und in Kürze eben auch die Schiffsanlegestelle. Künftig werden hier hunderte Passagiere ein- und aussteigen sowie Liefer-LKWs zufahren, um die Schiffe zu versorgen.
Ebenfalls ein Riesenthema: die Müllentsorgung der anlegenden Schiffe. Eine Müllinsel, wie es sie am anderen Donauufer bereits gibt, verursacht nicht nur Gerüche, sondern zieht auch Ratten an. Nur 150 Meter entfernt befindet sich zudem einer der größten Spielplätze von Linz.
Planungsstadtrat Prammer „inkompetent und desinteressiert“
Die Anrainer hätten da natürlich bereits im Vorfeld gerne gewusst, was da gebaut wird. Stadtrat Prammer wies die Forderung nach Mitsprache aber in einem Radio FRO-Mitschnitt zurück: „Das Verfahren ist korrekt abgelaufen, die Anrainer sind nicht Parteien dieses Verfahrens.“ Der Planungsstadtrat kam beim Anrainertreff nicht nur darum schlecht weg. Urteile wie „inkompetent, eher desinteressiert, weiß nicht wovon er spricht“ waren von den Beteiligten zu hören. Eine Anrainerin dazu: „Man hat bei der Stadt immer das Gefühl ‚Sagen wir nicht zu viel, sonst könnte sich ja jemand aufregen.“ Prammer meinte dazu, die Stadt hätte halt „Nachholbedarf, was die Bürgerinformation betrifft.“
Landstrom erst 2023 oder noch später?
Während die Anlegestelle bereits so gut wie fertig ist, fehlt ein Landstromanschluss. Die Anrainer befürchten, dass ab Sommer hier die bis zu 135m langen Kreuzfahrtschiffe mit rund um die laufenden Schiffsdieselmotoren parken. Es sollen bereits 47 Anlegungen gebucht sein.
Ob und wann der (im Vorfeld sogar von Bürgermeister Luger zugesagte) Landstromanschluss gebaut wird, scheint offen: Vor 2023 keinesfalls, war im Anrainergespräch zu hören. Der Strom soll über das Gelände des SV Urfahr eingeleitet werden, beim Verein selber weiß man allerdings noch nichts von diesen geplanten Bauarbeiten. Sinnvoll wäre es gewesen, die Grabungen in einem Aufwaschen mit der Anlegestelle durchzuführen, statt ein oder zur Jahre später nochmals alles aufzureißen.
59 Tonnen NOx-Emissionen/Jahr im Donaupark
An der Linzer Donaulände – eigentlich ein Ort der Erholung – liegen die Schadstoffkonzentrationen laut einer Luftstudie des Landes Oberösterreich regelmäßig über dem EU-Grenzwert. Grund sind u.a. eben genau die Tag und Nacht laufenden Dieselmotoren der ankernden Schiffe, um den Strom für Klimaanlagen, Küchen und die Passagier-Suiten zu erzeugen. Beim Donaukreuzfahrten-Boom vergaß man, die Anlegestellen mit der nötigen Infrastruktur auszustatten.
Aktuell verfügt lediglich eine einzige Anlegestelle in ganz Linz über einen Stromanschluss. Würde man laut Studie alle Plätze im Bereich der Nibelungenbrücke mit Landstrom ausstatten, könnten jährlich 59 Tonnen NOx-Emissionen und bis zu 20 μg/m³ NO2-Immissionen eingespart werden. Dazu kommen noch gewaltige Mengen an Stickoxiden und Russpartikeln, die ausgestoßen werden.
Landstrom: Bereits im September 2019 beschlossen, aber immer noch nicht umgesetzt
Im September 2019 verabschiedete der Linzer Gemeinderat aufgrund der massiven Kritik am ausufernden Kreuzfahrttourismus eine Erklärung. U.a. wurde die Umweltreferentin Eva Schobesberger aufgefordert, die Elektrifizierung der Donauschiffsanlegestellen beim Lentos mit dem damaligen OÖ Umweltlandesrat Anschober auszuarbeiten.
Gut Ding braucht ganz offensichtlich Weil’: Laut Zeitplan soll im ersten Halbjahr 2022 mit den Bauarbeiten begonnen werden – als erstes sind die beiden Anlegenstellen im Bereich Hauptplatz/Lentos dran, danach jene beim Brucknerhaus. Das Projekt kostet 4,1 Mio. Euro und wird vom Umweltressort des Landes OÖ mit 815.000 Euro gefördert.
„Keine neuen Anlegestellen“
In der erwähnten Erklärung von 2019 legte der Linzer Gemeinderat außerdem fest, keine weiteren neuen Schiffsanlegestelle im Donaupark zwischen Lentos und Neuer Donaubrücke Linz haben zu wollen: „Der Gemeinderat bekennt sich dazu, dass vorerst keine weiteren Schiffsanlegestellen im Bereich Donaupark zwischen Lentos und Neuer Donaubrücke Linz errichtet werden.“ Dass jetzt doch zwei neue gebaut werden, stimme so nicht: Es seien keine neuen, sondern zwei Ersatzanlegestellen für die Pontons auf Höhe des Römerbergtunnels. Diese wurden allerdings so gut wie nie benutzt, weil dort eine Zufahrt mit Bussen und Versorgungs-LKWs kaum möglich war. Laut Stadtrat Prammer wurde die Anlegestelle beim Römerbergtunnel „aufgrund des Hochwassers nicht tragbar war“, obwohl bei Hochwasser ohnehin kein Schiffsverkehr möglich ist…
Nachtrag: Wir wollen mit Stadtrat Prammer ein ausführliches Gespräch auch zum Thema Anlegestellen führen, Prammer ließ uns aber wissen, er habe „kein Interesse an einem Interview“.
Titelfoto: LINZA /MecGreenie/Stadt Linz