Der aktuelle Kommentar von LINZA–Chefredakteur Wilhelm Holzleitner zur Forderung, die Schwelle, wählen zugehen, weiter zu senken, um die miserable Wahlbeteiligung zu erhöhen.
Was war denn da los? Da wird nur alle sechs Jahre gewählt, die Briefwahl macht man zum massentauglichen, völlig unkomplizierten Akt, Wahlcontainer werden bereits vier Wochen vor dem 26.9. aufgestellt, um die Schwelle zum Wählen quasi auf Null zu senken… und trotzdem zeigen die Wähler der Politik den Mittelfinger: Von knapp 153.000 wahlberechtigten Linzern wählten gerade mal 87.792 – oder 57,5%. So kam es, dass sogar die Wahlsieger SPÖ und Grüne, die beide an Prozenten zulegten, massiv Wähler einbüßten. Bei der Luger-Partei waren es fast 3.000 Stimmen weniger, bei den Grünen 853. An den fehlenden Alternativen lag es nicht: Gleich elf Gruppierungen traten heuer an. Dass Wahlen im Jahr 2021 kaum noch was zählen, hat neben der Polit-Müdigkeit eventuell auch noch ganz andere Gründe: Etwa, dass das immer inflationärere Handhaben der Briefwahl den grundsätzlichen Wert und die Bedeutung des Wählens immer weiter marginalisiert.
Vor noch gar nicht langer Zeit war der Urnengang am Wahltag noch ein ganz besonderesr Akt, ein Ereignis. Ein Ereignis des Mitentscheidens, des Mitbestimmens, des „Gefragtwerdens“ in einem würdigen Rahmen. Heute werden Wahlen durch das online Ausfüllen eines Anforderungsformulars und dem Kreuzerlmachen auf einem zugeschickten Zettel erledigt, paralleles Kratzen am Allerwertesten oder Fernsehen im Ruderleiberl auf der Couch sind möglich. Wählen wurde zur Belanglosigkeit degradiert, die kaum noch jemanden juckt.
Gegenvorschlag: Liebe Politiker, denkt lieber mal nach, warum keiner mehr wählen geht. Und wer da wirklich Schuld hat an dieser Entwicklung. An den fehlenden Möglichkeiten der Stimmabgabe liegt es sicher nicht. Die Schwelle, zumindest mittels Briefwahl teilzunehmen liegt mittlerweile einen Meter unter dem Straßenniveau, ein weiteres Absenken wäre unterirdisch.