Vizebürgermeister Bernhard Baier ist der neue starke Mann, was den Verkehr in Linz betrifft. Die von SPÖ, FPÖ und den Grünen beschlossene Entscheidung, das Verkehrsreferat an die ÖVP zu übergeben, kam überraschend, ist aber auch nachvollziehbar, schließlich war es besonders Baier, der oft heftige Kritik übte. Ein Gespräch.
Bernhard Baier, das Linzer ÖVP-Wahlergebnis ist mit nur 18,1 Prozent nicht wirklich prickelnd. Hatten Sie schon Zeit, dieses Resultat zu analysieren?
Wir haben gewusst, dass es bei der Wahl ein schwieriges Umfeld für uns gibt. Einerseits war es der Corona-Frust, dazu die niedrige Wahlbeteiligung und andererseits gab es auch bundespolitische Entwicklungen, die spürbar waren.
Unter dem Strich verantworten Sie als Bürgermeisterkandidat die beiden schlechtesten ÖVP-Ergebnisse, die jemals in Linz eingefahren wurden. Sollte man sich da nicht selbst auch in Frage stellen?
Ich trage selbstverständlich die Verantwortung für dieses Ergebnis und reflektiere mich auch laufend – nicht nur mit mir selbst, sondern auch mit meinen Freunden. Mit wurde dabei aber ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass ich die Partei weiter führen soll.
„Mit wurde ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass ich die Partei weiter führen soll.“
Bernhard Baier zum Wahlergebnis
Warum ist das schwarz-blaue Verhältnis in Linz eigentlich dermaßen gestört, während es auf Landesebene zwischen Stelzer und Haimbuchner sehr smoothy läuft?
In Linz hat sich die Frage mit der Zusammenarbeit zwischen ÖVP und FPÖ nie gestellt, weil man zusammen nie über eine Mehrheit verfügt hat…
…aber dennoch gab es in den letzten Jahren zwischen Ihnen und Markus Hein ständige Grabenkämpfe und Haxlbeißereien bei den diversen Projekten.
Das sehe ich nicht so. Persönliche Befindlichkeiten haben in der Politik nichts zu suchen.
„Mit Michael Raml habe ich eine sehr gute Gesprächsbasis.“
Bernhard Baier über eine mögliche Zusammenarbeit mit der FPÖ
Die Linzer FPÖ hat jetzt eine neue Führung. Eine gute Möglichkeit für einen Neuregelung des „Es ist kompliziert“-Beziehungsstatus.
Mit Michael Raml habe ich eine sehr gute Gesprächsbasis. Daher bin ich zuversichtlich, dass es künftig eine gute punktuelle Zusammenarbeit geben kann.
Die Linzer SPÖ hat prozentuell fast doppelt so viele Stimmen wie die ÖVP geholt. Wieviel Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Nummer 2 wird eine dermaßen starke SPÖ überhaupt zulassen?
Ich kann das noch nicht abschätzen, aber mein Eindruck ist schon, dass die SPÖ auf ihre gestärkte Position setzt und daher eher weniger als mehr Zusammenarbeit suchen wird. Die Zukunft wird es weisen.
Ihre erste Reaktion auf die Zuweisung des Verkehrsressort war geschmalzen. Sie sprachen von „Bestrafung“ durch Bürgermeister Luger. Ist das nicht ein bisschen überzogen?
Zum einen hat man der ÖVP einige Ressorts wie die Wirtschaft oder den Grünbereich entzogen – das war ganz klar eine Strafaktion und spiegelt auch das Wahlergebnis nicht wider. Gegen das Verkehrsressort habe ich mich nie gewehrt. Mir ist es aber immer darum gegangen, dass in den Parteiengesprächen auch Projekte verhandelt und definiert sein sollten. Dazu war die Sozialdemokratie nicht bereit. Deswegen gab es von unserer Seite keine Hurra-Stimmung, das Verkehrsressort zu übernehmen.
„Gegen das Verkehrsressort habe ich mich nie gewehrt.“
Ist das Verkehrsressort trotz allem nicht auch eine große Chance?
Parteitaktik hin oder her: Die Linzerinnen und Linzer verdienen Verkehrslösungen, damit die Lebensqualität in der Stadt eine positive Perspektive hat. Da ist es wichtig, dass sich die großen politischen Blöcke auf Verkehrsvorhaben und Projekte einigen. Ich kann nur darauf hoffen, dass die SPÖ dazu bereit ist.
Der Aufgaben und Herausforderungen im Verkehrsressort gibt es genug. Im Gegenzug kann man es hier aber niemals allen recht machen. Ein schwieriger Spagat.
Das ist in allen Ressorts so. Im Übrigen braucht man es auch nicht allen unbedingt recht machen. Faktum ist: Die Mobilitätszukunft in Linz muss vielschichtig sein, sie besteht aus meiner Sicht zu einem großen Teil aus sanfter Mobilität und einem Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Und selbstverständlich werden wir beim motorisierten Individualverkehr auch Lösungen brauchen.
„Autos werden wir auch in Zukunft benötigen, ganz egal mit welcher Antriebsform.“
In Ihrem ersten Interview als Verkehrsreferent habe Sie in den OÖN gleich davon gesprochen, nochmals eine zweite Tunnelröhre für die Umfahrung Ebelsberg zu prüfen. Das hat Ihnen gleich den Spitznamen „Auto-Stadtrat Baier“ eingebracht.
Für mich war immer klar: Ich will keine Entweder-Oder-Politik, sondern sowohl als auch. Wer glaubt, dass die Mobilitätszukunft ohne Autos funktioniert, ist auf einem Auge blind. Autos werden wir auch in Zukunft benötigen, ganz egal mit welcher Antriebsform.
Aber wer steigt um, wenn wir gleichzeitig zur S-Bahn auch neue Autobahnen, eine Westringbrücke, Tunnels und Straßen bauen, damit das Autofahren noch attraktiver wird? Da beißt sich die Idee eines Umstiegs auf andere Verkehrsmittel ja selbst in den Schwanz.
Das Mobilitätsbedürfnis der Menschen wird immer größer, daher braucht es geeignete Verkehrsmittel und Lösungen in allen Sparten. Die Frage ist auch, ob der gesamte Autoverkehr durch das Zentrum der Stadt geführt werden muss oder er auch am Stadtrand vorbeigeleitet werden kann. Ganz nebenbei bekommen wir durch den Westring Flächen für neue Mobilitätsformen wie Radwege und Öffis frei.
„Durch den Westring bekommen wir Flächen für neue Mobilitätsformen wie Radwege und Öffis frei.“
Ein weiteres Projekt, das in ihrer Amtszeit konkretisiert werden wird, ist die Ostumfahrung. Hier ist die Trassenführung durch die Traunauen und das Naherholungsgebiet Schiltenberg enorm in der Kritik. Vor der Wahl haben Sie sich gegen die geplante Trasse ausgesprochen. Gilt das noch?
Ich stehe nach wie vor zu dem, was ich vor der Wahl gesagt habe: Diese Ostumfahrungs-Trassenführung durch Ebelsberg kann nicht kommen, weil der gesamte Bereich dort durchschnitten und getrennt würde. Mein Ziel ist es, nach Alternativen zu suchen, die den Stadtteil weniger belasten und beeinträchtigen.
„Diese Ostumfahrungs-Trassenführung durch Ebelsberg kann nicht kommen, weil der gesamte Bereich dort durchschnitten würde.“
Eher stockend verlief der groß angekündigte Ausbau der Radhighways. Haben Sie dieses Thema stärker am Radar?
Selbstverständlich ist der Ausbau der Radrouten in die Stadt für mich ein ganz zentraler Punkt, wie auch die Verbesserung der Radinfrastruktur in der Stadt.
In Urfahr stockt die Verbesserung der Verkehrssituation in der Hauptstraße seit vielen Jahren. Obwohl es bereits konkrete Pläne gibt, wurden diese bis dato nicht umgesetzt. Hier könnten Sie als „Neuer Besen“ ordentlich Meter machen.
Das werde ich. Dieses Thema muss jetzt angegangen werden, nur so kann eine gute städtebauliche Entwicklung des Urfahraner Zentrums gelingen.
Welchen Zeithorizont sehen Sie hier? Mit der Eröffnung der Westringbrücke 2024 wäre wohl ein guter Zeitpunkt dafür, weil der Verkehr in Urfahr dadurch entlastet wird.
ja, das ist durchaus realistisch, dass man mit der Fertigstellung der Westringbrücke eine Fahrspur auf der Nibelungenbrücke wegnimmt, den Radfahrern gibt und gleichzeitig eine Lösung für die Hauptstraße anstrebt.
Die Freigabe einer Fahrbahn für Radler ab 2024 wurde von Ihrem Vorgänger Markus Hein, aber auch von Klaus Luger eigentlich schon zugesagt. Gilt das für Sie auch?
Beschlossen ist es natürlich noch nicht. An der Umsetzung werden wir aber arbeiten. Da es sich bei der Nibelungenbrücke um eine Bundesstraße handelt, kann man diese Maßnahme nur gemeinsam mit dem Land umsetzen.
Und was ist Ihre favorisierte Lösung für die Hauptstraße?
Aus meiner Sicht ist es die Variante Verkehrsberuhigung mit Begegnungszone. Voraussetzung dafür ist aber, dass man den Schwerverkehr aus der Hauptstraße rausbringt.
„Aus meiner Sicht ist für die Hauptstraße Urfahr die Variante Verkehrsberuhigung mit Begegnungszone die beste Lösung.“
Ihr erstes Statement zur Seilbahn in den Linzer Süden fiel sehr verhalten aus. Hat das Projekt unter einem Verkehrsreferenten Baier überhaupt noch eine reelle Chance?
Sag niemals nie. Bis dato liegt nicht am Tisch, welche Wirkung auf den Verkehr so eine Lösung wirklich hat, auch die Finanzierung ist völlig unklar. Das sind zwei wesentliche Punkte. Wenn sich wider erwarten herausstellt, dass das DIE Top-Idee für die Mobilitätszukunft in der Stadt ist, bin ich der letzte, der sich dagegen verwehrt.
Und wie stehen Sie zu Lugers Vision von Drohnen als Lösung des Linzer Verkehrsproblems?
Ich will realistische Lösungen und keine Luftschlösser. Genau deswegen lasse ich auch die Seilbahn-Idee auf Herz und Nieren überprüfen. Die Linzerinnen und Linzer haben sich endlich echte Lösungen verdient und keine leeren Versprechungen.
„Ich will realistische Verkehrslösungen und keine Luftschlösser.“
„Auf Herz und Nieren überprüfen“ bedeutet wohl auch weitere Verzögerungen. Welchen Zeithorizont für eine allfällige Entscheidung geben Sie sich da?
Eine klare Aussage zum Seilbahnprojekt bezüglich Verkehrswirkung wird sich bereits in den nächsten Monaten treffen lassen. Das weitaus größere Thema ist natürlich die Finanzierung. Es wird spannend, wer das stemmen soll.