Die Arbeitsmarktdaten werfen für Linz und Oberösterreich erschreckende Zahlen aus – es geht beinahe schon in Richtung freier Fall. Leider wird die Situation immer noch heruntergespielt – ja es wird sogar gejubelt, weil wir im nationalen Vergleich der Einäugige unter den Blinden sind. Und wir freuen uns lieber weiter über Titel wie „Industrieland“ oder „Kulturhauptstadt“.
Der heimische Arbeitsmarkt zerbröselt richtiggehend – der jüngste Schock: plus 11,3 Prozent mehr Arbeitslose in Linz in nur einem Jahr. Besonders schlimm ist die Entwicklung bei den Älteren, wo das Plus gar bis zu 23 Prozent beträgt. Und dennoch sind keine ernsthaften Ansätze zu erkennen, gegenzusteuern. Aber immerhin: Die Politik ist ein wenig besorgt.
Angesichts solcher Zahlen braucht es aber kein Heftpflaster, sondern das Anwerfen der Herz-Lungen-Maschine. Es darf keine Denkverbote mehr geben: Der bis zum Erbrechen bemühte Slogan vom „Industrieland Oberösterreich“ – welche Gültigkeit hat er im Jahr 2015? Sind wir das überhaupt noch – ein Industrieland? Und macht das Sinn? Braucht es nicht schon längst eine völlige Neupositionierung von Stadt und Land? Warum verlässt Oberösterreich nicht endlich die ausgetretenen Pfade und geht einen neuen, zukunftsweisenden Weg? Etwa hin zu digitalen Medien oder in die Kreativbranche? Dazu bräuchte es einen intelligenten Masterplan, aber kein Zu-Tode-Reiten des Titels „Industrieland“.
Und wo sind die echten Anreize für die Unternehmen, neue Arbeitsplätze zu schaffen? Es wäre so einfach, schnell und unkonventionell den Jobmotor anzuwerfen. Etwa mit einem Jobtausender für jeden neuen Arbeitsplatz. Oder echte steuerlichen Entlastungen, damit neue Stellen wieder leistbar werden. Und der für die Jobsuchenden zuständige Sozialminister Hundstorfer? Erschöpft sein Tun weiter im Ankündigen des Aufschwungs „in der nächsten, spätestens aber übernächsten Jahreshälfte“.
Ich sehe dunkelschwarz, was den heimischen Arbeitsmarkt betrifft. Weil außer Träumen vom Aufschwung nichts passiert. Wir wurden dank der stets guten Werte in den letzten Jahren von Vorreitern zu Bewahrern und Erhaltern. Am wichtigsten schien nur noch, dass wir beim kulturellen Angebot zum Top-Player aufsteigen. nahezu beängstigend, mit welchem Ehrgeiz und finanziellen Mitteln hier ans Werk gegangen wurde. Einen ähnlichen Elan hätte sich viele auch bei der Weiterentwicklung des heimischen Arbeitsmarktes gewünscht. Aber spätestens wenn die Arbeitslosen-Heere auf der Straße demonstrieren, wird auch der letzte Politiker erkennen: Kultur kann man nicht fressen.
wilson holz