Der bekannte Linzer Geistliche Franz Zeiger im LINZA-Talk über Hamsterkäufe, angebliche „Prüfungen Gottes“ und was die Corona-Krise aus unserer Gesellschaft macht.
Linz, Österreich und ganz Europa sind in einer Art Schockstarre. Franz Zeiger – wie gehen Sie als Geistlicher mit dieser Krise um?
Es ist eine ernste Situation. ich denke, dass unsere Bundesregierung einen sehr guten Plan verfolgt. Als Pfarre unterstützen wir diesen Weg und halten uns an alle Vorgaben, so gut es geht. Das sollten auch alle anderen tun, es gibt keine Alternative.
Manche halten die Maßnahmen für komplett übertrieben oder sagen „Es ist ja nur eine Grippe“ oder „Mir passiert sowieso nichts“.
Ich bin kein Mediziner und vertraue daher auf die Experten. Es betrifft uns alle als Gemeinschaft, jeder muss auch auf den anderen schauen, egal ob Jung oder Alt. Die Maßnahmen sind ja nicht aus Jux beschlossen worden.
Im Internet kursieren die wüstesten Verschwörungstheorien. Einige Glaubens-Hardliner meinen gar zu wissen, die Corona-Pandemie sei eine Strafe oder Prüfung Gottes, weil viele immer ausufernder und ohne Demut leben. Was sagt der Gottesmann zu derlei Thesen?
Strafe Gottes, Prüfung Gottes… das glaube ich nicht. In der ganzen Menschheitsgeschichte gibt es immer wieder Einschnitte und Katastrophen. Es gibt sogar eine Bibelstelle, wo Jesus gefragt wird, wer gesündigt hat, weil der Turm von Siloah eingestürzt ist. „Nein, das ist eine Katastrophe, sowas gibt’s einfach“, hat Jesus sinngemäß geantwortet. Wir müssen als Menschen einfach irgendwann mal akzeptieren, dass wir nicht im Paradies leben, das ist einfach so. Es gibt eben Dinge, die uns nicht gefallen. Das ist unsere Welt und die funktioniert zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte gleich.
Haben Sie selber auch vorgesorgt und Hamsterkäufe durchgeführt?
Ich habe sechs Katzen und zwei Hunde. Ich wüsste nicht, warum ich mir jetzt auch noch einen Hamster kaufen sollte (lacht).
Gerade wir in Österreich leben großteils im Wohlstand, fahren viel zu große Autos, betreiben Raubbau an der Erde, scheren uns dafür aber umso weniger um die Umwelt und den Nachbarn: Ist unsere Gesellschaft auf Dauer noch zu retten oder fahren wir nicht sowieso irgendwann gegen die Wand?
Ich glaube, dass uns gerade diese Situation auf uns selbst zurückwirft. Dass wir uns endlich ein paar Fragen stellen müssen: Etwa, ob der endlose Konsum wirklich alles ist auf dieser Welt. Oder ob es da vielleicht nicht doch andere Dinge gibt, die wichtiger sind. Zum Beispiel Nächstenliebe, Nachbarschaftshilfe oder die Beschäftigung mit uns selbst. In sich selbst hineinzuschauen – dafür haben wir jetzt alle viel Zeit – uns die existenziellen Fragen des Lebens zu stellen, was wirklich wichtig ist im Leben.
Glauben Sie, dass die Lehren und Effekte aus dieser Krise längerfristig nachhallen oder nach kurzer Zeit wieder vergessen sind und wir alle wieder dort weitermachen, wo wir Mitte März aufgehört haben?
Ich glaube schon, dass es bereits jetzt ein ganz großer Einschnitt in unsere Gesellschaft ist und dieser nicht spurlos an uns vorüber gehen wird.
Sie sind als Pfarrer mit sehr vielen Menschen in Kontakt. Angeblich nehmen vor allem die jungen Leute die Krise nicht wirklich ernst.
Mittlerweile nehmen es wohl alle gleich ernst, so erlebe ich es zumindest.
Wie geht’s Ihnen als Pfarrer mit der Krise: Gibt’s sowas wie Angst oder Respekt?
Auch wenn ich so etwas auch noch nie erlebt habe, fürchte ich mich nicht. Ich bin ja nicht nur Weltpriester, sondern war auch im Karmelianerorden, wo ich meine geistliche Laufbahn begonnen habe. Dort habe ich für drei Jahre ein zeitliches Gelübde abgelegt, dazu gehörte das Versprechen, den Kranken auch unter Todesgefahr zu dienen. Als ich den Orden verließ, habe ich gesagt, dass ich dieses Gelübde auch weiterhin leben werde. Wenn ich gebraucht werde, bin ich auch für Infizierte und alle anderen Kranken da. Angst hat da keinen Platz.
In schweren Zeiten fällt auch mal der Satz „Jetzt hilft nur noch beten“. Sind wir jetzt an so einem Punkt?
Beten hilft immer, zu jeder Zeit und zu jeder Stunde. Das ist der erste und beste Weg. Wir können nicht alles alleine schaffen, das sieht man vielleicht jetzt ein bisschen deutlicher und besser. Dass der eine oder andere jetzt verstärkt betet, ist daher völlig klar und schadet auch nicht.
Als Pfarrer hat man eine ganz besondere Beziehung „nach oben“: Was würde denn Gott zu dieser weltweiten Krise sagen?
Er „würde“ nicht sagen, sondern er tut es tatsächlich und sehr deutlich.
Und was genau hat er Ihnen gesagt?
„Haltet euch daran, was euch gesagt wird und haltet durch. Und eines dürft ihr nie vergessen: Ich bin bei euch alle Tage – bis zum Ende der Welt.“