Im Infrastrukturressort der Stadt Linz laufen alle Großprojekte der City zusammen. Der zuständige Stadtrat Markus Hein über Seilbahn, zweite Schienenachse, Donaubrücken und Radverleih, der bereits 2019 flächendeckend in Linz starten soll.
Brückenbau, Stauprobleme, Öffis, Radwege… das Infrastrukturressort gleicht in Sachen Herausforderungen einem Hexenkessel. Wie geht’s Ihnen bei diesem ‚Tanz auf dem Vulkan‘?
Es wurde in der Vergangenheit im Großraum viel verschlafen. Das Land hat lieber Güterwege oder Umfahrungen kleiner Ortschaften gebaut, der Großraum wurde hingegen wie ein Stiefkind behandelt. Seit 2015 hat sich die Lage aber deutlich verbessert. Mit Landesrat Günter Steinkellner haben wir erstmals gemeinsam ein Mobilitätsleitbild für den Großraum Linz erstellt. Die darin enthaltenen Maßnahmen setzten wir – entsprechend der finanziellen Möglichkeiten – Schritt für Schritt um.
Manche sagen, es fehlt das Tempo.
Dass es manchen nicht schnell genug geht, ist verständlich. Aber die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte können wir nicht innerhalb weniger Jahre bereinigen. Aber immerhin, wir bauen jetzt zeitgleich drei neue Donaubrücken. Und treiben den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs und der aktiven Mobilität voran.
Als hauptberuflicher Politiker waren Sie 2015 ein Quereinsteiger. Bereuen Sie den vielen öffentlichen Rummel, den Sie früher eher nicht hatten?
Nein, es macht mir sehr großen Spaß! Vor allem mein spannendes Ressort bietet viel Abwechslung.
Wann und wofür wurden Sie das letzte Mal von einem Bürger gelobt bzw. gerüffelt?
Ich führe hier kein Tagebuch. Aber bezüglich des Fortschrittes der Brückenbaustellen, bei der Sperre des Jahrmarktsgeländes oder auch bei großen städtebaulichen Projekten, wie Ebelsberg oder Wimhölzl-Hinterland, gab es von den Linzern überwiegend Lob. Kritik gibt es natürlich immer wieder von staugeplagten Pendlern. Da wurde halt in der Vergangenheit im Großraum viel verabsäumt. Aber an diesen Problemzonen – das kann man nicht mehr übersehen – wird eifrig gearbeitet.
Oft ist der Wille da, aber das Geld nicht. Die leeren Stadtkassen wurden von der Vorgänger-Stadtregierung geerbt. Ist das nicht zermürbend – gerade in einem Ressort, in dem es durchwegs um finanzintensive Projekte geht?
Mehr Kreativität bei der Finanzierung des Öffentlichen Verkehrs wäre wirklich angesagt. Wir bräuchten ein ÖV-Pendant zur ASFINAG. Der Ausbau des hochrangigen Straßennetzes schreitet in Österreich nach wie vor gut voran. Wir wissen aber alle, dass das nicht die Zukunft sein kann. Denn bereits jetzt ersticken die Großstädte im stetig zunehmenden motorisierten Individualverkehr.
Stichwort E-Mobilität: Die Lösung aller Probleme?
Nein, auch die E-Mobilität wird dieses Platzproblem nicht lösen können. Wir müssen uns zuerst um die Probleme von heute und nicht jene von morgen kümmern, das können wir nur durch den konsequenten Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Wenn es beispielweise zum erwähnten ÖV-Pendant zur ASFINAG käme, bin ich davon überzeugt, dass der Ausbau schneller von statten gehen würde. Auch die Finanzierung dieser Einrichtung würde sich relativ einfach machen lassen.
Warum wäre das besser?
Die vom Bund an die Länder überwiesenen Bedarfsmittel sollen dorthin fließen. Dann würden die Gelder auch dort ankommen, wo sie gebraucht werden und nicht zum Stopfen von Landesbudgets oder strukturschwachen Gemeinden (nach Sympathie) verwendet werden. Dass Städte Investitionen und auch den Betrieb ihrer Öffis größtenteils alleine stemmen müssen, übersteigt die Finanzkraft jeder Stadt. Hier muss sich die Denkweise auf politischer Ebene grundsätzlich ändern, damit im notwendigen Ausbau des öffentlichen Verkehrs endlich was passiert.
Apropos Geld: Da und dort gibt es Befürchtungen, dass die zweite Schienenachse aus finanziellen Gründen nicht realisiert werden kann, auch Baubeginn gibt es immer noch keinen. Wann werden die erste Straßenbahnen durch oder unter der Gruberstraße rollen?
Alle zuständigen Kräfte arbeiten intensiv am Aufstellen der benötigten Finanzmittel. Mit Günter Steinkellner wurde vereinbart, dass im Landes- und Stadtbudget für 2020 bereits die Planungskosten der zweiten Schienenachse berücksichtigt werden sollen. Die Finanzreferenten müssen das aber in den Budgets unterbringen. Dann wäre es realistisch, dass die erste Straßen- bzw. Mühlkreisbahn 2028 fährt – und das unterirdisch!
Seit der Präsentation der Machbarkeitsstudie einer City-Seilbahn sind drei Monate vergangen. Gibt es eine aktuelle Weiterentwicklung der Idee?
Wir werden noch heuer eine vertiefende Fahrgastpotentialanalyse in Auftrag geben. Bei einem Projekt dieser Größenordnung müssen wir natürlich die absolute Sicherheit haben, dass es auch angenommen wird. Es gibt aber als Zwischenlösung – denn der Linzer Süden und das Industriegebiet brauchen dringend eine bessere Öffi-Erschließung – einen Plan B, über den wir ggf. später reden werden.
Stichwort Radfahren: Speziell von den Grünen kommt der Vorwurf, Sie hätten kein Herz für Radfahrer und es ginge in Sachen Radwegeausbau nichts weiter.
Ich habe mehr Herz für Radfahrer als viele meiner Vorgänger – die Grünen eingeschlossen. Zahlreiche Problemstellen – die auch während der grünen Zuständigkeit schon lange erledigt werden hätten können, wurden von mir gelöst. Meine Ansage, dass Parkplätze niemals einem zusammenhängenden Radwegenetz im Wege stehen dürfen, gilt und wird auch umgesetzt. Zahlreiche Projekte sind in der Pipeline und werden die Radinfrastruktur in Linz spürbar verbessern.
Ein heißes Thema ist ein flächendeckender Radverleih für Linz. Wann wird’ s so weit sein?
Ich bin mir sehr sicher, dass wir 2019 damit starten können. Das Ausschreibeverfahren für die Konzession läuft noch bis Ende Jänner 2019. Dann sollten wir Gewissheit haben. Aber zu 99 Prozent steht der Radverleih.
Die nächste Wahl scheint noch weit. Mit der Wahl zum Stadtparteiobmann stellt sich natürlich auch die Frage: Werden Sie auch als blauer Bürgermeisterkandidat ins Rennen gehen?
Damit haben wir uns noch nicht beschäftigt. Es ist zwar nicht unüblich, dass der Stadt-Chef auch als Spitzenkandidat antritt, aber ich möchte den Gremien nicht vorgreifen.
Interview: Wilhelm Holzleitner