Der Verein „Altstadt NEU“ bemüht sich seit Jahren um eine Aufwertung der ehemals abgesandelten Linzer Altstadt. Durch viele Maßnahmen gelang es, neue, spannende Geschäfte in das Grätzel zu bringen und gleichzeitig Problemzonen zu entschärfen. Am 27. November wird mit dem Lichtbrunnen am Hofberg die neueste Attraktion in der Altstadt eröffnet. Treibende Kraft hinter den Aktivitäten des Vereins ist Rosemarie Schuller. Im LINZA-Talk plaudert sie über die „neue“ Altstadt und ihre Ziele.
Rosemarie Schuller – wer ist der Verein „Altstadt NEU“ genau – und was wollen Sie erreichen?
Die Mitglieder sind bunt aus dem Grätzel zusammengewürfelt – Bewohner, Mieter, Hauseigentümer, Gastronomen, Geschäftstreibende. Unser Aktionsgebiet reicht von der Donaulände bis zur Klosterstraße und vom Schloss bis zum Hauptplatz West – also das ehemalige ‚Glasscherbenviertel‘, die ehemals bekannte Problemzone mit der Ausgehmeile, die wir aufwerten und bespielen wollen.
Wie bewerten Sie die Entwicklung der Linzer Altstadt in den letzten zehn Jahren?
Es ist viel geschehen, aber es ist auch noch viel zu tun. Wer immer es gewagt hat, die Altstadt vor 15 oder 20 Jahren zu besuchen, der weiß, wie enorm sich das Viertel zum Positiven verändert hat. Wichtig war und ist uns, dass wir nicht mehr nur Nacht-Gastronomie hier haben, sondern auch tagsüber Angebote mit Gastro und Geschäften. Wir setzen auf kleine Läden statt auf große Ketten. Wir können und wollen auch nicht mit der Landstraße konkurrieren, sondern andere Themen umsetzen. Unser Fokus liegt auf dem Kleinstrukturierten, dem Individuellen, dem Kreativen. In der Altstadt soll man das suchen und finden, was man anderswo nicht bekommt. Unsere Stimmung ist auch eine ganz andere als auf der Landstraße…
… und zwar welche?
Chillen, Schlendern, Flanieren, Stöbern, Gustieren und Kreativität – darauf bauen wir seit zehn Jahren. Besonders schön sind dann Begegnungen mit Linzern, die nach vielen Jahren wieder erstmals in die Altstadt kommen und staunen, was aus dem Viertel geworden ist.
Trotzdem wirkt es noch sehr ruhig hier – zu ruhig?
Die Tagesfrequenz fehlt uns teilweise noch. Wir können von den Touristengruppen alleine nicht leben, auch die Linzer müssen die Altstadt wieder neu entdecken.
Und warum wehren Sie sich so gegen einen echten Frequenzbringer – etwa einen Gourmet BILLA oder ein SPAR City Markt? Würde das nicht Sinn machen, da es hier ja auch keinen wirklichen Komplett-Nahversorger gibt?
Die Ketten glauben, es sei zu wenig Frequenz. Ich bringe da gerne ein Gegenbeispiel: Seit Jahren haben wir versucht, einen Bankomaten in die Altstadt bekommen. Jede Bank winkte mit den Worten ‚Das zahlt sich nicht aus, die Investition rechnet sich nicht‘ ab. Bis wir im Zuge der Markthallen-Renovierung die Sparkasse überzeugen konnten, dass ein Bankomat sehr wohl Sinn macht. Mittlerweile zählt der Standort zu den Besten in der gesamten Stadt.
Und die Markthalle? Das Angebot ist im Vergleich zu einem echten Supermarkt sehr lückenhaft.
Die Markthalle ist aufgrund ihres kleineren Sortiments und des exklusiven Standorts teurer als ein Diskonter. Für einen Vollsortimenter ist die Markthalle auch zu klein.Wir haben aber ein mehrstufiges Konzept mit einer kleinen Gastronomieschiene. Uns ist klar, dass das alles noch dauert. Aktuell ist es noch kein Geschäft, aber es entwickelt sich ganz gut.
Pflegen Sie irgendeine Form der Zusammenarbeit mit der übermächtigen Landstraße?
Wir sind neben dem Cityring die aktivste Interessengruppe von Linz. Wir machen rund 40 Veranstaltungen pro Jahr, haben aber keine Zusammenarbeit.
Und wie schaut es mit der Unterstützung durch die Stadt aus?
Wir finanzieren alles, was wir machen, aus eigener Tasche vor. Wir zahlen auch für jeden benützten Quadratmeter – etwa bei Festen oder Veranstaltungen – Geld an die Stadt. In jeder anderen Tourismusgemeinde muss man das nicht. Das Problem: Unsere Märkte sind damit so ziemlich die teuersten in Österreich. Aber ich will mich nicht beschweren, weil wir auch Unterstützung von Stadt und Land erhalten.
Eine Problemzone war und ist der Hofberg hinunter zur Donau. Dort gibt es nach wie vor einige Lokale, in denen es öfters kracht und zu Reibereien kommt.
Ds ist richtig. Der Hofberg war immer so eine Gegend, die man als Besucher links liegen ließ. Aber auch hier sind wir aktiv. Am 27. November wird dort auf unsere Initiative hin ein ‚Lichtbrunnen‘ mit Sitzgelegenheiten als neues Zentrum eröffnet. Statt Wasser strahlt der Brunnen Licht aus. Aber auch von den Geschäften her hat sich hier einiges getan. Wir haben zudem vor, ein neues Format zu schaffen und auch den Hofberg vermehrt mit Kultur zu bespielen.
Eine weitere Altstadt-Problemzone: Die Häuser rund um den ehemaligen Roten Krebs entlang der Donau. Hier stehen fast alle Geschäftsflächen seit Jahren leer.
Das Problem dort ist vor allem das mögliche Hochwasser. Die Stadt war auch ein bisschen blauäugig, als man auf der Urfahraner Seite die Hochwasserschutzmauern errichtete. Das Wasser steigt jetzt dafür bei uns herüben umso höher – 2013 reichte es fast bis zum Kleinen Griechen. Aber es tut sich was und ich bin auch hier zuversichtlich. Alles geht Step by Step.
Und wie weit kümmert sich Ihr Verein um den Linzer Hauptplatz? Auf der Ostseite tut sich nicht viel, während es gegenüber dank der Gastronomie ganz gut funktioniert.
Noch wenig, weil wir mit den Altstadt-Themen voll ausgelastet sind. Unsere Vision wäre, dass wir auch die andere Seite des Hauptplatzes ‚mitnehmen‘. Was mich wundert, dass auf der Ostseite die Gastronomie komplett fehlt, weil das die eigentliche Sonnenseite ist. Der Hauptplatz ist ein spannendes, zukünftig zu bearbeitendes Feld. Derzeit können wir uns aber weder personell noch finanziell darum kümmern. Wir haben das Thema aber am Radar.
Immer wieder wird ein komplettes Fahrverbot in der Altstadt (Klosterstraße) und am Hauptplatz gefordert. Sind Sie dafür zu haben?
Es gab immer schon die Diskussionen wegen der beschränkten Zufahrt zur Altstadt, das ist aber für Anrainer und Geschäftsbetreiber gut gelöst, auch die Begegnungszone in der Klosterstraße funktioniert ganz gut. Grundsätzlich ist die Verkehrssituation nicht schlecht.
Interview: wilson holz