22 Siege in 30 Spielen, zehn Punkte Vorsprung auf Verfolger Hartberg: In der abgelaufenen Saison ließ Erste Liga-Aufsteiger FC Blau-Weiß Linz aber sowas von nix anbrennen. Wie es jetzt in der zweihöchsten heimischen Spielklasse mit dem Linzer Stadtklub und LASK-Lokalrivalen weitergeht, weiß keiner besser als Erfolgstrainer Willi Wahlmüller.
Willi Wahlmüller – sechs neue Spieler sind bereits da, ständig werden weitere getestet. Wollen Sie eine ganze Mannschaft neu einkaufen – trotz der Bombenleistung in der Vorsaison?
In der Ersten Liga werden um sechs Runden mehr gespielt, es gibt auch sehr viele „englische Wochen“, die Belastung wird also größer und darum brauchen wir auch einen breiteren Kader. Im Vorjahr hatten wir 18 Kaderspieler, darunter zwei junge von den Amateuren und zwei Dauerverletzte. Wir mussten also mit 14 Spielern auskommen. Dass es dennoch so gut geklappt hat, war auch Glück. Darauf wollen wir uns in der neuen Saison aber nicht verlassen. Ziel ist, 18 gleichwertige Spieler im Kader zu haben, dazu zwei junge Kicker von den Amateuren und drei Torhüter.
Welches Profil müssen die Neuverpflichtungen bei einem Willi Wahlmüller erfüllen: Hauptsache jung und hungrig?
In erster Linie schauen wir positionsspezifisch, wo wir noch Bedarf haben. Natürlich muss man auch die Kosten im Griff haben. Charakter, Willensstärke und Leidenschaft stehen bei mir ganz oben. Wichtig ist es mir auch, so weit es möglich ist, auf Spieler aus der Region und aus Österreich zu setzen.
Dass der Kader auch heuer wieder sehr jung ist: Sehen Sie darin keine Gefahr einer fehlenden Routine?
Nein, genauso wenig wie es für mich im Vorjahr kein Problem war. Spieler mit 24 oder 25 Jahren sind heute keine jungen Spieler mehr, auch die Jüngeren spielen schon lange in der Regionalliga oder haben sogar Bundesliga-Erfahrung. Wichtig ist der Wille, etwas erreichen zu wollen und als Mannschaft eine Leidenschaft zu zeigen. Satte Spieler kann ich nicht gebrauchen.
Der Angriff macht Ihnen keine Kopfzerbrechen? Letztes Jahr lief sehr viel über Yusuf Otubanjo, der den Klub ja Richtung Slowakei verlassen hat.
Grundsätzlich sind wir im letzten Jahr vor derselben Problematik gestanden: Gulajev war verletzt, Otubanjo war bis dorthin auch nicht wirklich überragend. Wir haben einfach nicht die finanziellen Möglichkeiten, einen absoluten Kracher zu holen. Unsere Aufgabe ist es, Spieler zu entwickeln, darauf arbeiten wir hin. Einen Goalgetter einkaufen, der dann mit hundertprozentiger Sicherheit trifft – das funktioniert sowieso nicht, wie die Vergangenheit bei unzähligen anderen Klubs gezeigt hat.
Apropos Otubanjo: Hat er das Zeug, sich beim slowakischen Spitzenklub MSK Zilina durchzusetzen?
Ich vergönne es ihm absolut und hoffe es für ihn, dass er es schafft. Es ist neue Herausforderung, mit er sich weiter steigern muss und wird.
Mit Wattens und Horn steigen neben Blau-Weiß Linz zwei sehr potente und starke Klubs in die zweithöchste Spielkasse mit auf. Könnte bei zwei Absteigern eng werden mit dem Klassenerhalt.
Unser Wunsch wäre natürlich eine solide Saison. Fakt ist aber, dass sich sechs Teams den Abstieg untereinander ausmachen und vier Klubs um den Titel spielen werden. Aber man hat immer wieder gesehen, dass es auch ganz anders kommen kann (grinst schelmisch).
Heuer steigen das letzte Mal zwei Teams aus der Ersten Liga ab, ehe dann 2018 auf 16 Klubs aufgestockt wird. Heuer überstehen – egal wie: Haben Sie den Gedanken irgendwo im Hinterkopf?
Klar werden einige Klubs heuer ein bisschen mehr investieren, um drinnen zu bleiben, das ist bei uns ja auch so. Als Aufsteiger sollte uns aber auch die Euphorie tragen und uns der Klassenerhalt gelingen.
Mit-Aufsteiger Horn verkündete ja, dank immenser japanischer Sponsorgelder spätestens 2020 in der Champions League spielen zu wollen. Hat Willi Wahlmüller für seinen Klub ebenso hochtrabende Pläne oder mittelfristige Ziele?
Meine Pläne als Trainer sind nicht ganz so langfristig – jeder weiß, wie schnell es gehen kann in dieser Branche. Mein erstes Ziel war die Rückkehr in die Erste Liga, das haben wir relativ flott geschafft. Jetzt schauen wir, dass wir uns hier etablieren. Dann muss man sich Gedanken über die nächsten Schritte machen. Das Erreichen der Champions League im Jahr 2020 wäre auf jeden Fall, na sagen wir mal eine ziemlich große Herausforderung.
Wie sehen Sie mit dem zeitlichen Abstand von einigen Wochen den Weggang von Sportchef David Wimleitner?
Ich habe mich mit David sehr gut verstanden, wir haben gemeinsam die Mannschaft zusammengestellt, wir haben uns immer abgesprochen. David ist wie unser Präsident ein gewisser Sturkopf und Egozentriker und ich stand genau dazwischen. Eigentlich bin ich ein wenig enttäuscht, dass er einfach so gegangen ist, es gab zwischen uns auch kein vorangegangenes Gespräch vor seiner Entscheidung.
Und wer hat jetzt die Agenden von David Wimleitner übernommen?
Derzeit habe ich seine Aufgaben übernommen – zumindest für diese Transferperiode.
Sie haben in einem früher Interview mal gesagt, Bundesliga-Trainer wäre ein großer Traum von Ihnen. Jetzt gehören Sie zu den 20 „wichtigsten“ Trainern Österreichs. Geil oder?
In erster Linie bin ich stolz auf die Mannschaft und es freut mich für den Verein, dass wir es gemeinsam geschafft haben. Es ist ein super Gefühl, zu sehen, wievielen Leuten wir damit eine Freude gemacht haben. Und natürlich freue ich mich auch persönlich, weil ich jahrelang auf dieses Ziel hingearbeitet habe.
Wäre es für Sie und Ihre Familie auch mal Thema, als Trainer woanders hin oder sogar ins Ausland zu gehen?
Da müssten bestimmte Faktoren zusammenspielen. Aber ich denke, wenn das Gesamtpaket passt, wäre meine Familie nicht abgeneigt, die sind sehr unternehmungslustig.